Riskante Wahltaktik der Kanzlerpartei

Sebastian Kurz spitzt zu und bringt damit seinen Spitzenkandidaten in Bedrängnis.
Martina Salomon

Martina Salomon

Der Bundeskanzler mischt neuerdings im Wahlkampf mit und wirft alle paar Tage ein anderes Thema in die Schlacht. Zuerst ging es um einen geänderten EU-Vertrag und die Abschaffung des kostspieligen EU-Parlaments-Doppelsitzes (derzeit Brüssel und Straßburg). Jetzt will er 1000 EU-Normen streichen, unter anderem jene für Schnitzel und Pommes (Acrylamidverordnung). Über all das kann man diskutieren, aber so knapp vor der Wahl wirkt es wie ein populistischer Gag. Offenbar geht’s dem Kanzler um Mobilisierung der eigenen Wählerklientel. Der bisherige Wahlkampf dümpelte nämlich etwas träge vor sich hin. Auch wenn die Info-Elite nun über den Kanzler-Populismus die Nase rümpft, ist zumindest vordergründig das Ziel erreicht: Medien stürzen sich auf die hingeworfenen „Knochen“, diese bestimmen die Debatten.

Dennoch ist die Strategie riskant. Schließlich galt die ÖVP als EU-Fan-Verein ohne Wenn und Aber. Spitzenkandidat Othmar Karas, seit Jahren geachtetes Mitglied des Brüsseler Establishments, tut sich denn auch mit dem neuen Kurs sichtlich schwer.

Wobei des Kanzlers Forderungen nicht brandneu sind. Schon im Regierungsabkommen wurden sie formuliert – allerdings so, dass sie keinen Wähler hinterm (momentan wieder eingeheizten) Ofen hervorlocken. Das liest sich dann folgendermaßen: „Wichtig ist der Stopp überbordender Regulierung auf EU-Ebene durch eine Stärkung des Gedankens der Subsidiarität.“ So ähnlich steht es auch im Programm des bayrischen EVP-Spitzenkandidaten und Kurz-Freundes Manfred Weber. Wahlkampf bedeutet Keule statt Florett. Aber Kurz, der sich in Europa gern als Integrationsfigur präsentiert, wandert hier auf einem schmalen Grat.

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