Zeitumstellung - Segen oder Fluch?

Zeitumstellung auf Sommerzeit
Alle Jahre wieder erhebt sich zwei Mal die Frage, ob die Zeitumstellung sinnvoll ist und ob man lieber die Winter- oder die Sommerzeit hat. Zwei Stimmen dazu aus der Redaktion.
Martin Bernert

Martin Bernert

Paul Haider

Paul Haider

PRO

Martin Bernert, Ressort Blattmacher

Vor einigen Jahren gab es in mehreren EU-Ländern und im Europäischen Parlament Debatten, ob die jährliche Zeitumstellung beibehalten oder abgeschafft werden soll. Und wenn abschaffen, sollte es dann dauerhaft Sommer- oder Winterzeit geben? 

Daraufhin initiierte die EU-Kommission im Sommer 2018 eine Online-Umfrage, an der 4,6 Millionen Menschen teilnahmen – mehr als an allen anderen EU-weiten Umfragen zuvor. Eine gewaltige Mehrheit (84 Prozent) der Befragten stimmte für eine Abschaffung der Zeitumstellung – allerdings wollten die meisten nicht zurück zur Normalzeit (also Winterzeit), sondern sprachen sich für eine „ständige Sommerzeit“ aus.

Und genau das ist der Punkt: Die Europäer haben sich an die Sommerzeit gewöhnt und wollen die lauen Abende mit spätem Sonnenuntergang nicht missen. Das entspricht den Lebensumständen der Menschen – wir gehen später schlafen als die Generationen vor uns und verbringen unsere Freizeit vermehrt unter freiem Himmel.

Darauf haben sich auch viele Branchen der (Freizeit-)Wirtschaft eingestellt, und wir nutzen das Angebot an Gastgärten, Open-Air-Konzerten, Freiluftkinos und anderen abendlichen Outdoor-Aktivitäten nur zu gerne.

Ob die Zeitumstellung jetzt beibehalten oder abgeschafft wird, ist nicht so wichtig. Aber wenn schon etwas abgeschafft werden muss, dann bitte die Winterzeit. Tage, an denen es schon um 17 Uhr stockdunkel ist, sind einfach deprimierend.

CONTRA

Paul Haider, Redakteur Chronik

Jedes Jahr aufs Neue erwarten passionierte Späteraufsteher das letzte Märzwochenende mit Schrecken: Wieder einmal wird uns diese eine, unschätzbar wertvolle, Stunde in der Früh weggenommen.

Hilfsbereite Sommerzeit-Fans empfehlen Langschläfern gerne, doch eine Stunde früher zu Bett zu gehen. Ihnen sei gesagt: So einfach ist es nicht. Im Gegensatz zu einer Digitaluhr lässt sich ein gut eingespielter Schlafrhythmus nicht auf Knopfdruck umprogrammieren. Monatelang wurschtelt man sich semi-ausgeschlafen durch zu früh begonnene Arbeitstage. Der Ausnahmezustand hört erst Ende Oktober auf, wenn die Normalzeit zurückkehrt – die nicht umsonst so heißt.

Warum tun wir uns das immer noch an? Die Sinnlosigkeit dieses Relikts aus der Ölkrise der 1970er-Jahre ist hinreichend belegt. Nirgendwo auf der Welt wurden signifikante Energiespareffekte durch die Zeitumstellung beobachtet.

Im Gegenteil: Brasilien sagte der Sommerzeit 2019 adios, nachdem Studien aufgezeigt haben, dass es wirtschaftliche Vorteile bringt, die Uhren nicht umzustellen. Japan, China, Argentinien und ja, auch Russland, haben diesen Schritt schon Jahre zuvor getan. In diesen Nationen gilt die Winterzeit ganzjährig.

Der einzige (vermeintliche) Vorteil der Sommerzeit besteht in der künstlich verlängerten Helligkeit am Abend. Aber ist es wirklich nötig, dass im Hochsommer um 21 Uhr noch die Sonne scheint? Wir Späteraufsteher meinen: Nein! Lasst uns lieber eine Stunde länger schlafen.

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