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Dass der ORF bei der Fußball-Europameisterschaft die Spiele der heimischen Nationalmannschaft nicht mehr übertragen wird, hinterlässt ein bitteres Gefühl. Da hilft auch nicht der Hinweis, dass Arnautovic & Co. dafür auf ServusTV zu finden sein werden und man dort die Matches ohnehin frei konsumieren kann. Das ist nicht der Punkt. Es geht vielmehr darum, dass der heimische öffentlich-rechtliche Sender, für den ab Jänner alle Haushalte eine Abgabe entrichten müssen, den österreichischen Volkssport Fußball – und dafür ist das Nationalteam das oberste und wichtigste Aushängeschild – nicht mehr auf seiner Prioritätenliste stehen hat.
Wer so eine Argumentation als lächerlich empfindet, der sollte das Thema nur für ein kleines Gedankenspiel in einen anderen Bereich verlegen. Was wäre, wenn in Zukunft nicht mehr der ORF, sondern ein privater Sender die Ski-Rennen übertragen würde? Der Aufstand wäre vorprogrammiert. Nicht zuletzt im Skiverband und beim ORF selbst, wenn der Volkssport Nummer eins nicht mehr Teil des ORF-Sports wäre. Dabei würde auch in diesem Fall nichts gegen einen Privatsender sprechen, wenn die Rennen weiterhin frei verfolgt werden können.
Jedenfalls: Wenn der ORF Bereiche wie die wichtigsten Länderspiele des Fußball-Nationalteams aufgibt, dann verliert er seine österreichische Einzigartigkeit, wird beliebig und letztendlich auch auswechselbar. Und das in Zeiten, wo ab dem kommenden Jahr alle per Haushaltsabgabe für das Programm zahlen müssen.
Martin Gebhart, Ressortleiter Innenpolitik
Robert Seeger und Hans Huber als Kommentatoren, Herbert Prohaska als Trainer mit Schnauzer und Toni Polster als Sturmspitze mit verschmitztem Grinsen und schwarzen Locken. Die Neunziger, in denen wir jedes Länderspiel auf FS1 verfolgen konnten, sind vorbei. Zwar ist Prohaska, wenn auch ohne Schnauzer, als einziger der oben Genannten noch immer vor den Kameras. Aber die Zeiten haben sich in den letzten 30 Jahren eben geändert.
Dass man als Fußball-Zuseherin nicht mehr fix alle Matches auf dem „Einser“ findet, ist natürlich ein bissl unangenehm. Aber nach kurzer Recherche weiß man doch, wo’s gespielt wird. Und dann ist man meist bei einem anderen Sender besser aufgehoben. Das sagten zumindest 77 Prozent der KURIER-Leser in einer Umfrage.
Ich sag’ einmal so: Es war vielleicht für den ORF nicht immer gut, bei Fußballübertragungen konkurrenzfrei dazustehen: Stark weiterentwickelt hat sich das Konzept „Fußball live“ nicht. Seit März ist ein neuer Sportchef beim ORF verantwortlich für derartige Innovationen. Hätten Sie eine bemerkt?
Der TV-Sportrechte-Markt ist heiß umkämpft. Dass man da als Öffentlich-Rechtlicher nicht unendlich weit mitbieten kann, liegt in der kapitalistischen Logik. So lange die Spiele im Free-TV zu sehen sind, sehe ich als Konsumentin kein Problem.
Schwierig wär’s, wenn die Berichterstattung nicht seriös oder gar tendenziös wäre. Bei Übertragungen des Nationalteams ist das Problem mit der Parteilichkeit vielleicht zu vernachlässigen.
Karoline Krause-Sandner, Redakteurin Sport
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