Der Anlass trug damals zwar Jetzt-erst-recht-Kennzeichen. Aber soll man nach der Trennung vom reiseunlustigen Ex tatsächlich erst wider zu Hause sitzen? Wo einem das Reise-Gen, das Entdecken und Erleben anderer Länder, das Sammeln neuer Eindrücke, von den reiselustigen Eltern mitgegeben worden war? Mitnichten! Der erste „Ingrid-only-Urlaub“ auf einer griechischen Insel wurde zur positiven Erfahrung, die ein ideales Fundament für viele weitere legte. Was nicht heißt, trotzdem auch mit Lebensmenschen auf Reisen zu gehen.
Alleine reisen hat aber viele Vorteile. Der offensichtlichste: Es redet einem niemand drein oder drängt zum Aufbruch, wenn es gerade wo schön ist. Auch (falsche) Kompromisse fallen weg. Und höflichkeitshalber nötiger Small Talk.
Das Erbauendste ist aber, an den Aufgaben zu wachsen. Reifenplatzer im Leihauto auf Madeira, Linksverkehr auf irischen Landstraßen oder verpasste Ausfahrten auf US-Highways (ohne Google-Maps).
Und das vermeintlich zu spürende Mitleidsgefühl anderer Gäste in trauter Zweisamkeit abends in Lokalen? Das spielt sich meist sowieso im eigenen Kopf ab. Es kann ja viele Gründe haben, alleine essen zu gehen. Die nebenbei bemerkt sowieso niemanden etwas angehen.
CONTRA
Axel N. Halbhuber, Leitung KURIER Reise
So romantisch es auch klingt, auf Reisen vollkommen frei und ungebunden zu sein – nämlich auch von den Wünschen eines Mitreisenden: Das erschöpft sich schneller, als die Sonne im Meer untergeht. Sehen wir einmal von den Strapazen ab, und derer gibt es genug, ein Rucksack oder Koffer heben sich einfach besser zu zweit aufs Förderband; sehen wir von der Praktikabilität ab, die das gemeinsame Reisen mit sich bringt – eine wartet bei den Sachen, während die andere am Ticketschalter steht, einer sucht Tisch, der andere holt Essen, einer schaut, die andere ruht und so weiter; sehen wir sogar von der Minimierung vieler Risiken ab, wenn sich wer wehtut, wenn mehr Hände gebraucht sind oder mehr Augen schauen; sehen wir von all diesen schnöden organisatorischen Details ab. Denn obwohl geteiltes Leid, wie der Volksmund zurecht sagt, halbes Leid ist, sind gar nicht diese technischen Vorteile der echte Grund, warum man besser zu zweit (oder dritt oder viert oder oder oder ...) reist.
Denn vor allem ist das gemeinsame Reisen zu bevorzugen, weil man teilt, was man erlebt. Und geteilte Freude bekanntlich doppelte ist. Sich gegenseitig aufmerksam machen, gemeinsam zu lachen oder auch zu weinen, weil der Flug ausfällt. Zwei Fußspuren im Sand sind einfach schöner als eine. Und was man am Abend eines aufregenden Tages nachbespricht, bleibt länger hängen, die Erinnerung vertieft sich.
Der Sonnenuntergang dauert einfach länger, wenn man ihn zu zweit sieht. Obwohl er gleich lange dauert.
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