Populisten veräppeln macht sie nur stärker

Trump herabzuwürdigen bringt ihn seinen Wählern näher – und vertieft die Gräben in der US-Gesellschaft.
Konrad Kramar

Konrad Kramar

Diesmal also konstatiert man ihm die Auffassungsgabe eines Zehnjährigen. In der Hitparade der Donald-Trump-Herabwürdigungen ist das bestenfalls Durchschnitt. In bisherigen Enthüllungsbüchern über den US-Präsidenten wurden politische Insider bemüht, die ihn angeblich als „Idioten“, „Halbanalphabeten“ oder „Kindergartenkind“ bezeichnet haben. Wieder neues Futter für das übliche Gemisch aus lustvollem Grauen, Empörung und Häme, dem man sich weltweit in sozialen Medien und Kommentaren hingibt. Trumps Wählerpotenzial, das zeigen auch die jüngsten Wahlentscheidungen in US-Bundesstaaten, schmälert das kaum. War es nicht genau diese Ablehnung, die ihn populär gemacht und letztlich ins Weiße Haus gebracht hat? Die Pose, sich als Opfer des sogenannten politischen Establishments darzustellen, ist bewährtes Werkzeug aller Populisten weltweit.

Es schafft selbst für einen windigen Milliardär aus New York die Verbindung zu jenen Gruppen in der Gesellschaft, die sich tatsächlich von ihrer politschen Führung nicht gehört fühlen – und das oft zu recht. Trump bedient jene Ängste, die andere gerne als irreal abtun. Eine Haltung, die genauso wie die Veräppelung von Populisten diese nur noch stärker macht, sie in eine Nähe zu ihren Wählern bringt, die andere Politiker nie erreichen. Statt sie und ihre politischen Hau-Ruck-Lösungen herabzuwürdigen, muss man die eigenen Ziele in eine klare politische Erzählung verpacken. Es ist die scheinbar unbeirrbare Überzeugtheit, mit der Trump & Co. ihre Politik präsentieren, die sie stark macht. Doch weder Überzeugtheit noch klare Botschaften sind ein Privileg der Populisten. In anderen politischen Lagern sind sie nur allzu oft gering geschätzte Tugenden.

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