Wobei: Was ist an unserer Zeit, die von Egoismen und Absolutheitsansprüchen geprägt ist, schon „politisch korrekt“? Und wer definiert das? Der Terminus ist vielen zum Schimpfwort geworden, wie Gutmensch oder Warmduscher (was vielleicht bald eine andere Bedeutung bekommt). Allein schon „korrekt“: Ist es nicht mittlerweile so, dass jeder seine Position, seinen Impfstatus, seine Haltung zu Sanktionen als korrekt und somit richtig ansieht und jeden, der eine gegenteilige Meinung vertritt, als inkorrekten Idioten?
Wir leben in der Post-Friedenspfeifen-Ära, nicht einmal über Winnetou, diese bieder-deutsche Version eines Indianers (korrekt: Indigenen), kann man gnädig hinwegsehen. Noch aufgeladener ist die Debatte nur, wenn es ums Gendern geht oder um Ausdrücke, die einem Weltbild entsprechen, das man überwunden glaubte. Dabei wäre die Lösung relativ leicht und fällt doch so schwer: Differenzierung. Keine Pauschalurteile, sondern eine Betrachtung von Fall zu Fall. Doch wo es nur um die Maß geht, also am Stammtisch, kommt das Maß abhanden.
Bleiben wir aber beim Konkreten und der Frage, was nun angemessen wäre?
Im Fall von Winnetou selbstverständlich ein Erscheinen des Buches – mit einem Vorwort, das Bezug nimmt auf die Entstehungsgeschichte der fiktionalen Figur und den historischen Kontext.
Im Fall von inkriminierten Wörtern die jeweilige Überprüfung – dann wird man rasch zugeben müssen, dass das „Negerbrot“ nichts im Supermarkt verloren hat und man den „Negerkönig“ in „Pippi Langstrumpf“ kontextualisieren könnte.
Beim Gendern wiederum verbietet schon die Lesbarkeit Auswüchse wie das Binnen-Sternderl oder Unterstreichungen bei allen Formulierungen, das halten Leser*innen und Leser_innen auf Dauer nicht aus (das Binnen-I ist im Vergleich dazu schon so was von 20. Jahrhundert).
Das bedeutet jedoch nicht, dass es nicht trotzdem ein Bewusstsein bräuchte, wie sehr Sprache nach wie vor männlich dominiert ist. Natürlich ist das Sichtbarmachen von Frauen oder Randgruppen auch mit Worten essenziell. Doch für einen Konsens bräuchte es zunächst eine hassbefreite Diskussion und Respekt. Davon sind wir weit entfernt.
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