Lohnzurückhaltung? Der Staat als abschreckendes Beispiel

Der Equal Pension Day markiert den Tag, an dem Frauen statistisch betrachtet keine Pension mehr beziehen bzw. Männer bereits so viel Pension bezogen haben, wie Frauen das ganz Jahr über.
Bei Pensionisten und Beamten ist die Regierung großzügig. Geht es um alle anderen, wird Lohnzurückhaltung eingefordert.
Michael Bachner

Michael Bachner

Für die Opposition ist es „Regierungsversagen“, weil die Inflation in Österreich nach wie vor deutlich über dem Durchschnitt der Eurozone und Ländern wie Deutschland liegt. Für die Regierung ist die niedrigere Inflationsrate im September – sie dürfte laut Schnellschätzung auf 6,1 Prozent gesunken sein – ein „positiver Trend“, der „optimistisch“ für die nächsten Monate stimmt.

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Nun, viel Optimismus ist bei den heutigen Metaller-Lohnverhandlungen nicht zu spüren. Weder auf der Seite der Arbeitnehmer und schon gar nicht auf der Seite der Arbeitgeber. Es ist vielmehr maximale Flexibilität gefragt, weil ein Abschluss von zehn Prozent und mehr für viele Betriebe angesichts der Wirtschaftsflaute kaum verkraftbar scheint.

Man wird kaum herumkommen, sich auch mit längeren Abschlüssen, zum Beispiel für zwei Jahre, sozial gestaffelten Einmalzahlungen oder dem Abtausch von Geld mit Freizeit intensiver auseinanderzusetzen. Die sture Anwendung der alten Benya-Formel – Inflation plus einen Teil des Produktivitätswachstums – könnte nicht wenige Klein- und Mittelbetriebe überfordern. Das kann niemand wollen.

Für die nächsten Monate gesprochen stimmt es wohl, dass die sinkende Inflationsrate den Lohnverhandlern, die nach den Metallern an der Reihe sind, etwas entgegen kommt. Kurzfristig ist aber keine große Ersparnis zu erwarten. Liegt der Metaller-Runde eine rollierende Inflation von 9,6 Prozent zugrunde, so sind es im Handel, der am 24. Oktober startet, immer noch 9,2 Prozent, weil der niedrigere September-Wert dazu kommt.

Vielen kleinen Händlern bricht es das Genick

Soll die Inflation abgegolten und damit die Kaufkraft der Kundschaft erhalten werden, ist also ein Abschluss von mindestens 9,2 Prozent höchst wahrscheinlich. Das bricht vielen kleinen Händlern das Genick, prophezeien Branchenvertreter schon heute. Sie beklagen neben steigenden Personalkosten die Online-Konkurrenz, zu hohe Lokalmieten, den Arbeitskräftemangel und nicht zuletzt real sinkende Umsätze.

Staat geht mit schlechtem Beispiel voran

Der Staat, genauer die Bundesregierung, geht in diesem Zusammenhang mit schlechtem Beispiel voran. Statt ständig von der Gewerkschaft Lohnzurückhaltung zu fordern, könnte man sich auch daran erinnern, wie man im eigenen Wirkungsfeld agiert. Bei den Pensionen war man recht schnell bereit, eine Erhöhung um 9,7 Prozent für die größte Wählergruppe des Landes zu vereinbaren.

Starke Signalwirkung

Und auch der öffentliche Dienst schließt in normalen Zeiten traditionell über der Teuerung ab – zuletzt im November 2022 mit 7,3 Prozent bei einer damals zugrunde liegenden Inflation von 6,9 Prozent. Das hat eine mindestens so starke Signalwirkung wie der Abschluss der Metaller. Die Erhöhung im öffentlichen Dienst kostete den Steuerzahler im Vorjahr eine Milliarde Euro. Heuer wird es wohl noch teurer.

Lohnzurückhaltung? Der Staat als abschreckendes Beispiel

Wirtschaftsredakteur Michael Bachner

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