Was ist ein Österreicher?

NATIONALFEIERTAG: ANGELOBUNG DER REKRUTEN - FLAGGEN
Der Nationalfeiertag sollte als Anlass genommen werden, die verkorkste Debatte über eine Leitkultur wieder aufzunehmen.
Martin Gebhart

Martin Gebhart

Es ist jedes Jahr eine ähnliche Gefühlslage. Am Nationalfeiertag wollen wir stolz sein. Stolz auf Österreich, stolz auf unsere historischen Wurzeln, stolz auf unsere Stellung in der Welt. Hofburg, Kanzleramt, Ministerien und das Parlament öffnen die Tore, um die Besucher in diesem Gefühl zu bestärken. Auf Ö3 sind nur die besten Songs aus Österreich zu hören, auf dem Heldenplatz in Wien präsentiert sich das Bundesheer mit einer großen Leistungsschau. Gemäß einer Zeile aus der Bundeshymne: „Heimat großer Töchter und Söhne.“

Da steckt so viel an Sehnsucht nach Harmonie und gesellschaftlichem Zusammenhalt drinnen, dass man es kaum wagt, mit unangenehmen Fragen hineinzugrätschen. Es muss aber sein, weil wir uns schon zu lange davor drücken, wieder einmal die Frage nach einer österreichischen Identität zu stellen. Wer oder was ist eine Österreicherin, ist ein Österreicher im Jahr 2024? In diesem Land hat sich zu viel verändert, um die Antwort nur in den historischen Wurzeln zu suchen. Das lässt sich allein schon am Anlass für den Nationalfeiertag festmachen. Der wurde in Erinnerung an das Neutralitätsgesetz verankert. Jene Neutralität, die zuletzt wegen des Ukraine-Krieges immer wieder für Diskussionen gesorgt hat. Und die seit dem Beitritt zur EU ohnehin nicht mehr jenen Stellenwert hat, der ihr 1955 zugedacht war. Deswegen wäre der Nationalfeiertag ein guter Anlass, die Reflexion zu intensivieren.

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