Nur gruseln vor Trump ist keine Weltpolitik

Vieles, das der polternde US-Präsident an- und umstößt, sollte nicht verteidigt, sondern reformiert werden
Konrad Kramar

Konrad Kramar

Es erinnert ein bisschen an Teenagergruppen in der Geisterbahn. Wenn nach der ersten Kurve verlässlich das Monster auftaucht, kreischen alle im Chor und kuscheln sich noch ein bisschen enger zusammen. Ist ohnehin bald wieder überstanden.

Der Donald-Trump-Abwehrmechanismus vieler weltpolitischer Entscheidungsträger funktioniert ähnlich. Da stellt doch dieser unmögliche Kerl tatsächlich den Freihandel, die NATO, das Atomabkommen mit dem Iran etc. infrage. Also übt man sich im Schulterschluss, verteidigt den Status quo und übersieht dabei tunlichst, dass der längst reparaturbedürftig und voll von schlecht verborgenen Lebenslügen ist. Dass der Exportgigant China sich mit Schutzzöllen und eisenharten Auflagen für ausländische Firmen schützt, dass Europa seine Agrarproduzenten und Exporteure gegen jede ökonomische und ökologische Logik verteidigt, dass der Iran tatsächlich der Atombombe ganz nahe war und jetzt sein Raketenarsenal im Eiltempo ausbaut, dass sich Europa nur zu gerne unter den militärischen Schutzschirm der USA stellt: Tatsachen, die zeigen, wie reformbedürftig die Spielregeln der Weltpolitik sind. Dass Trump wie der sprichwörtliche Elefant durch diesen Porzellanladen trampelt, also oft voreilig, widersprüchlich und emotional agiert, sollte ein Anlass sein, sich ihm nicht nur zu wider-, sondern sich auch mit ihm auseinanderzusetzen. Die Herausforderung Trump – wie die jedes Populisten – anzunehmen, hieße, eigene Grundsätze und Strategien zu überdenken und zu schärfen.

Wenn europäische Politiker wie Merkel zu klaren Haltungen, etwa in EU-Fragen, gefunden haben, kann man sich aus der Abwehrhaltung gegenüber dem US-Präsidenten lösen und seine Provokationen als Anstoß dafür nehmen, mit bequemen Lebenslügen aufzuräumen.konrad.kramar

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