Es ist in mehrfacher Hinsicht absolut großartig, dass nun der österreichische Wissenschaftsstar Anton Zeilinger gemeinsam mit einem Franzosen und einem Amerikaner den Physiknobelpreis erhalten hat. Bevor jetzt aber die Austro-Mentalität nach dem Motto „Wir sind Nobelpreisträger“ zuschlägt: Nein, Wissenschaft ist international, nur gemeinsam sind Durchbrüche zu erzielen. Aber man darf stolz sein, dass ein Österreicher mit dabei ist. Anton Zeilinger war schon so lange auf der „Liste“ möglicher Nobelpreisträger, dass man fast die Hoffnung aufgegeben hatte. „Na oiso“, hieß es folgerichtig an seinem Institut. Der Forscher mit dem weißen Strubbelhaar stellt irgendwie den Archetypus des Wissenschaftlers dar: Er kann so anschaulich erklären, dass man hofft, sich dank ihm tatsächlich einmal von A nach B beamen zu können. Er nimmt sich kein Blatt vor den Mund, gelegentlich ist er geradezu schroff. Gleichzeitig wusste er immer selbstbewusst die Werbetrommel für sich zu rühren.
Und man darf noch ein weiteres Mal jubeln, weil dieser Preis genau zur richtigen Zeit kommt. Rund um Pandemie und Impfungen ist die haarsträubende Wissenschafts- und Technikskepsis im Land wieder gut sichtbar geworden. Hoffentlich ändert diese Auszeichnung ein wenig daran – und Physiklehrer nutzen die Gunst der Stunde, um mehr Leidenschaft für Technik und Naturwissenschaften zu erzeugen. Zeilingers Physiklehrer hat ihn einst dafür begeistert.
Österreich hat tolle Forschungseinrichtungen und viele schlaue Köpfe. Nur wenn sie Freiräume bekommen, können sie sich entfalten. Zeilinger bedankte sich ausdrücklich bei den Steuerzahlerinnen und Steuerzahlern für die Unterstützung seiner Arbeit. Aber er weiß wohl auch, dass die Politik viel mehr Applaus für Pensionserhöhungen als für Forschungsförderungen bekommt. Manchmal hat man geradezu das Gefühl, wir Österreicher würden gerne jeden Fortschritt verhindern und uns via Lastenrad ins Mittelalter zurückbefördern wollen.
Der Nobelpreis für Anton Zeilinger ist auch ein starkes Zeichen gegen den heimischen Hang zu Durchschnittlichkeit und Provinzialität. Ob der Wohlstand im Land gehalten werden kann, hängt sehr davon ab, ob es eine förderliche Atmosphäre für herausragende Menschen wie ihn gibt, der „seiner Intuition und seinen Spinnereien“ vertraute, wie er am Dienstag sagte. Wir brauchen mehr solcher kompromissloser „Spinner“ wie ihn.
Kommentare