Schuld ist immer, wer seine Hände nicht bei sich behalten kann

Schuld ist immer, wer seine Hände nicht bei sich behalten kann
Wenn Männer das Gedränge ausnutzen, um Frauen zu berühren oder zu begrapschen, ist das letztklassig
Claudia Stelzel-Pröll

Claudia Stelzel-Pröll

Ich war kürzlich auf der Wiesn in München. Gut, dass es dieses Spektakel nur ein Mal pro Jahr gibt, öfter schaffe ich das mental und physisch in meinem Alter sowieso nicht mehr. Der Trubel, der Lärm, die Leute, das Gedränge, puuuh, alles sehr kräfteraubend. Aber ja, auch ein Erlebnis.

Punkt 23 Uhr werden auf der Wiesn die Gehsteige aufgerollt, da ist Schluss mit Maß, Brathendl und Lebkuchenherzen, da werden die Zelte dicht gemacht. Wer das nicht kapiert, wird mit Trillerpfeife hinauskomplimentiert. Danke, ich gehe schon!

Draußen präsentiert sich alle Jahre wieder ein schockierendes Bild. Da sitzen und liegen jene, die viel zu viel getankt haben, die nun nicht mehr gehen können, denen speiübel ist, die auf Unterstützung, Hilfe oder vielleicht sogar auf die Rettung warten. Die totale Vernichtung als Spaß? Unlustig.

"Zufälle" gibt es nicht

Was ebenfalls unlustig ist: Wenn Männer ihre Hände nicht bei sich behalten können, Gedränge oder Menschenmassen ausnutzen, um Frauen „zufällig“ und „unabsichtlich“ zu begrapschen und zu berühren. Wir alle, die wir das schon mal erlebt haben in der U-Bahn, bei einem Konzert, im Club oder eben im Wiesn-Zelt, wissen, dass sich „zufällig“ anders anspürt. Und meistens verrät der Blick dann sowieso alles.

In solchen Situationen reagiert jede Frau intuitiv anders: Die einen erstarren, andere versuchen, möglichst schnell aus der Situation rauszukommen, wieder andere schalten in den Kampf-Modus. Jedes Verhalten ist legitim und schuld ist nie die Frau, sondern immer der, der übergriffig wurde. Nach wie vor gibt es Menschen, die denken, dass selbst verantwortlich ist, wem das passiert. Das nennt sich Täter-Opfer-Umkehr und ist falsch, manipulativ und verletzend.

Schuld ist immer, wer seine Hände nicht bei sich behalten kann

Claudia Stelzel-Pröll ist KURIER-Redakteurin in Oberösterreich

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