Mehrere ÖVPs in der Medienpolitik

Mehrere ÖVPs in der Medienpolitik
Die einen peitschten einen Sparkurs im ORF durch, die anderen verlangen unzuständigerweise einen Kassasturz. Wird das noch was?
Philipp Wilhelmer

Philipp Wilhelmer

Betrachtet man den ORF und die dazugehörige Medienpolitik, scheint es derzeit mehrere ÖVPs zu geben. Der eine Teil, angedockt an das Unternehmen via Stiftungsrat, peitschte in den vergangenen Jahren Sparpaket auf Sparpaket durch, gepaart mit Aufrufen zu mehr Tempo an den damaligen ORF-Chef Alexander Wrabetz. Dieser ÖVP-nahe Zirkel hat die Mehrheit im Stiftungsrat und kürte mit dieser auch den aktuellen Generaldirektor Roland Weißmann.

Wer danach Einigkeit mit der türkis-grünen Regierung erwartete, stieß erstaunt auf den anderen medienpolitischen Flügel der Volkspartei. Medienministerin Susanne Raab vertritt das Lager jener, die dem Öffentlich-Rechtlichen vor allem mit einem Argument kommen: Es muss billiger werden. Dazu muss man wissen, dass auf Raabs Schreibtisch seit sieben Monaten jenes Problem liegt, das immer noch einer sachpolitischen Bearbeitung harrt. Am 18. Juli des Vorjahres erging nämlich ein Spruch des VfGH, wonach die GIS-Gebühr bis Ende 2023 reformiert gehört. Eine medienpolitische Bombe, schließlich steht damit die Hauptfinanzierung des ORF zur Debatte. Raab ließ einen Tag vergehen, um dann zu erklären: „Das VfGH-Erkenntnis ist zur Kenntnis zu nehmen und wird aktuell im Detail geprüft.“ Nachsatz: Man müsse schauen, dass die Menschen möglichst gering belastet werden. Nach diesem rhetorischen Durchwinken folgte monatelange Sendepause, bis Ende November die ORF-Führung ihr Aufsichtsgremium warnte: Man stehe vor der größten Finanzierungskrise der Geschichte. Bis Ende März brauche man dringend Klarheit.

Raab reagierte darauf erst Anfang Jänner – mit der verblüffenden Aussage, der ORF solle erst einmal sparen. Anfang Februar wiederholte sie das noch einmal wortgleich. Allerdings: Über das Gebaren entscheiden Geschäftsführung und Stiftungsrat. Die Medienpolitik kann hier nur den Rahmen schaffen. Darüber, wie groß der ORF künftig sein soll und welche Aufgaben er hat, sucht man vergeblich ÖVP-Aussagen. Dabei wäre es doch im Sinne des gesamten Medienmarktes – Stichwort Digitalisierung – hier endlich zeitgemäße Antworten zu finden. Die auch mit den anderen Marktteilnehmern abgestimmt gehören.

Die gibt es weiterhin nicht. Dafür ließ der Generalsekretär der ÖVP, Christian Stocker, Anfang Februar anlässlich von Berichten über die (großzügige) Pensionsregelung von Wrabetz verlauten, der ORF müsse „diese Pensionsprivilegien umgehend streichen“. Eine bürgerlichen Partei fordert, bestehende Verträge für nichtig zu erklären? Interessant.

Am Dienstag trafen Raab und Weißmann zu einem weiteren Krisengespräch zusammen, über dessen Inhalt nichts bekannt wurde. Man will ja gar nicht wissen, wie es hinter den Kulissen zugeht.

Porträt eines Mannes mit Brille vor dem Hintergrund „Kurier Kommentar“.

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