Medien und Politik, a schlamperte G’schicht

Zwischen Journalismus und Politik sollte weder Verhaberung noch Blockade herrschen.
Martina Salomon

Martina Salomon

Wie ernst nehmen Österreichs Politiker die Pressefreiheit? Nicht immer sehr ernst, wie das bekannt gewordene eMail des Innenministeriums-Sprechers zeigt. Zu Recht empören wir Medien uns darüber. Gott sei Dank haben Bundespräsident und Bundeskanzler dazu klare Worte gefunden. Auch der Minister selbst hat sich – mit Zeitverzögerung – (und nicht ganz glaubwürdig) distanziert. Eine Spezialität freiheitlicher Regierungsmitglieder ist dieser Umgang mit Medien freilich nicht. Nur ist man normalerweise schlau genug, so etwas nicht schriftlich festzuhalten.

Die Bereitschaft, sich mit kritischen Medienleuten abzugeben, war auch schon davor durchaus enden wollend. Bruno Kreisky etwa pflegte Redakteure beim Ministerrat gelegentlich rüde abzukanzeln. Werner Faymann vermied es als Kanzler eine Zeitlang peinlich, live von Armin Wolf in der ZiB 2 interviewt zu werden. Nachfolger Christian Kern, als ÖBB-Chef offen und medien-affin, stand (nach einer etwas missglückten „Bürgerforum“-Sendung) mit dem ORF auf Kriegsfuß. Ein Mail seiner Kommunikationsabteilung über diverse Sanktionen gegen den ORF wurde sogar publik.

Schon lange davor hatte der damalige Landeshauptmann Erwin Pröll einen Presse-Kollegen aus einer Pressekonferenz werfen lassen, weil der einen unfreundlichen Kommentar geschrieben hatte. (Natürlich bescherte das dem Journalisten einen gewissen Heldenstatus in seiner Redaktion.) Und es soll Landesregierungen geben, die mit Liebes- bzw. viel schmerzhafterem Inseratenentzug auf Kritik reagieren.

In der Neuzeit ist es auch bei der SPÖ üblich geworden, Journalisten auf der Straße warten zu lassen und Statements ohne Nachfrage-Möglichkeit abzugeben. Und da reden wir noch gar nicht von der Gepflogenheit, Interviews „autorisieren“ zu lassen. Das wäre prinzipiell kein Problem, würde es nicht mittlerweile dazu führen, dass Pressesprecher die Antworten „ihres“ Ministers oder Generaldirektors bis zur Unkenntlichkeit glattbügeln, manchmal sogar eine Frage verändern. Interviews werden dadurch immer unauthentischer und fader.

Selbstkritische Debatte

Für eine Demokratie ist ein gesundes Misstrauen zwischen Medienleuten und Politik von Vorteil. Kritische Äquidistanz ist gefragt, weder Blockaden noch Verhaberung, plus wechselseitig keine allzu dünne Haut. Und bei aller Kritik sollte nicht vergessen werden, dass es in Österreich im Gegensatz zu anderen Ländern noch immer einen relativ unkomplizierten Zugang zur Politik gibt. In den USA beispielsweise werden nur ausgewählte Journalisten zu Pressekonferenzen im Weißen Haus zugelassen. Das war schon in Vor-Trump-Zeiten so. Wenn Politiker aber Verfolgungswahn entwickeln, schadet das den Medien, der Politik selbst und der Demokratie. Da ist schon länger etwas in Schieflage geraten. Darüber müssen Journalisten ehrlich (und auch selbstkritisch) diskutieren.

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