Londons Brexit-Krise fängt gerade erst an

Premierministerin May gerät in die bedrohliche Doppelmühle zwischen der EU und deren Gegnern.
Konrad Kramar

Konrad Kramar

Ein Rücktritt als Kriegserklärung. Zumindest David Davies, Londons eben abgetretener Minister für den Brexit, gönnte Premierministerin May im Gehen noch ein bisschen Lob. Dass ihm aber nur Stunden später sein Brexit-Mitkämpfer, Außenminister Boris Johnson, folgte, machte die Sache endgültig klar. Es ist der offene Bruch mit der Linie der Regierung – und er zielt darauf ab, diese zu Fall zu bringen. Denn nach Ansicht dieser Vertreter eines EU-Austritts ohne Kompromisse geht Großbritannien derzeit in die falsche Richtung. Der Ende der Vorwoche in einer Klausur ausgehandelte Vorschlag der Regierung hält dem Land wirtschaftlich die Tür nach Europa offen. Alles andere, so warnen britische Unternehmer eindringlich, würde dem Land schweren wirtschaftlichen Schaden zufügen.

Für die Brexiteers, also jene wie Davies und Johnson, die am liebsten alle Brücken nach Europa abbrechen würden, ist das trotzdem inakzeptabel. Die Revolte gegen May ist ausgerufen – und die kommt in eine bedrohliche Doppelmühle. Denn die EU wird den britischen Vorschlag erwartungsgemäß zerpflücken. Schließlich handelt es sich dabei um genau das Rosinenpicken, das Brüssel nicht akzeptieren kann. Wenn sich Großbritannien seine Quasi-Teilmitgliedschaft in der EU maßschneidern kann, werden sich andere EU-Skeptiker Ähnliches überlegen. Sobald sich aber Brüssel mit seinen Forderungen, etwa der Anerkennung von EU-Regelungen, zu Wort meldet, werden die EU-Gegner in London umso lauter vor einem Verrat an der Sache warnen. Brexit heiße eben Brexit und keine halbherzigen Kompromisse: Das ist der Schlachtruf, der in London von nun an wieder lauter gebrüllt werden wird – auf dem Weg ins politische Chaos.

Kommentare