Zu heiß für Ausreden

Sonnenuntergang am Storchenest
200 Wissenschafter haben auf 800 Seiten zusammengetragen, welche Klima-Gefahren auf uns zukommen. Ein Handlungsauftrag für uns alle.
Bernhard Gaul

Bernhard Gaul

In hitzigen Diskussionen ist es wohltuend, auf wissenschaftlich gesicherte Fakten zurückgreifen zu können. Den neuen Goldstandard haben nun im Zweiten Österreichischen Sachstandsbericht zum Klimawandel mehr als 200 Wissenschafterinnen und Wissenschafter aus mehr als 50 Institutionen auf rund 800 Seiten verfasst. Da liest man etwa Fakten wie: Wir haben bereits eine Erwärmung in Österreich von 3,1 °C im Vergleich zu 1900. Hitzewellen, Dürren, Starkregen und Muren treten häufiger und intensiver auf. Die Zahl der Hitzetage hat sich seit den 1980er-Jahren verdreifacht. Bis zur Mitte des Jahrhunderts wird je nach Emissionsverlauf die Dauer der Schneedecke selbst in höheren Lagen um weitere 60 bis 80 Tage abnehmen.

Dieser Sachstandsbericht ist gerade jetzt so wichtig, weil Fakten nicht eine Meinung unter vielen sind. Klar, es war schon viel wärmer und auch kälter auf der Erde, nur geschah die Veränderung über Hundertausende von Jahren, und nicht in 150, wie wir es jetzt haben. Wohlhabendere Menschen werden sich an die Erderhitzung besser anpassen können, leiden wird die ärmere Bevölkerung, die unterm Dach unsanierter Häuser eigentlich nicht mehr leben kann. Und in Gefahr ist die Natur, die Pflanzen, die Bäume, die Tiere und Insekten, die keine Möglichkeit haben, die Klimaanlage aufzudrehen, sondern einfach zugrunde gehen.

Der Sachstandsbericht gibt aber auch machbare Handlungsanleitungen, für uns Bürger und für die Politik. Niemand verlangt das Unmögliche, dass Österreich alleine das Weltklima rettet. Es geht darum, dass die Republik nur ihre Pflicht erfüllen muss, die Klimaziele 2030 und 2040 einzuhalten. Danach sieht es derzeit nicht aus. Laut Studie ist eine Senkung der Treibhausgase um zehn Millionen Tonnen CO2 – zusätzlich zu den bereits jetzt eingeleiteten, nachhaltigen Maßnahmen – nötig. Anders gesagt: Jeder Österreicher stößt um etwa eine Tonne zu viel CO2 jährlich aus. Zur Einordnung: Der Flug nach Ibiza und wieder zurück beläuft sich pro Person auf etwa 600 Kilo CO2. Jeder Liter Benzin wird zu 2,7 kg CO2, jeder Liter Diesel zu 3,2 kg.

Und ja, Klimaschutzmaßnahmen und Klimawandelanpassungsmaßnahmen werden viel Geld kosten – den Staat aber nicht mehr, als er derzeit für fossile Förderungen ausgibt, wie etwa den Pendlereuro oder (neu) die NOVA-Befreiung für leichte Nutzfahrzeuge. Und genau da liegt das Problem: Was diese Regierung zur Wichtigkeit des Klimaschutzes sagt und was sie tut, sind zwei unterschiedliche Welten. Dabei müssen wir nicht nur vieles ändern, sondern vieles rasch ändern. Denn nichts zu tun, sagt der Bundespräsident zum Bericht, kostet mehr. Nicht nur Geld, sondern etwas viel Wertvolleres: unsere Zukunft.

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