Nun könnte man einwenden: Ein durchschnittlich bewanderter Staatsbürger muss jetzt wirklich nicht wissen, wie viele Monate Wehrpflicht sinnvoll sind. Genau dafür gibt’s doch die Experten!
Tatsächlich aber darf man vermuten, dass die indifferente Haltung nur Teil eines viel größeren Problems darstellt, das – pathetisch formuliert – die Demokratie über kurz oder lang gefährdet.
Man kann das unter anderem am Beispiel der Neutralität zeigen: 2025 sind immer noch zwei Drittel der Bevölkerung überzeugt, dass Österreich mit der Neutralität ganz ausgezeichnet fährt und diese unbedingt beibehalten muss.
Nun wäre dagegen ja prinzipiell nichts einzuwenden, hätten wir das Konzept nicht seit Jahrzehnten konsequent falsch, man könnte auch sagen: verlogen gelebt.
Warum verlogen? Laut Neutralitätsgesetz von 1955 ist Österreich verpflichtet, die Neutralität – und damit die Republik – „mit allen zu Gebote stehenden Mitteln“ zu verteidigen.
Genau das ist über Jahrzehnte hinweg nicht passiert. Militärisch hat sich Österreich – im Unterschied etwa zur Schweiz – nicht selbstbewusst und selbstständig präsentiert, sondern das Bundesheer fast zu Tode gespart und sich sicherheitspolitisch in der wohligen Position eingerichtet, man sei geografisch von befreundeten EU-Nachbarn und NATO-Mitgliedern umgeben. Warum Geld für etwas ausgeben, was die Nachbarn leisten?, lautete die inoffizielle Haltung.
Neben der militärischen Landesverteidigung wurde die „geistige“ ignoriert. Ganzheitlich gedacht, bedeutet diese, dass jede und jeder einen Basis-Kurs in Demokratie erhält und solcherart versteht, dass eine Demokratie – bei allen Schwächen – im Vergleich zu Diktaturen oder autoritären Systemen immer noch um ein Vielfaches lebens- und erstrebenswerter ist.
Dem war und ist nicht so, im Gegenteil: Seit Jahren dokumentiert das Bundesheer in Studien, dass nur jeder Dritte überhaupt bereit wäre, Österreich und seine Menschen notfalls mit der Waffe zu verteidigen. Damit erübrigt sich die eingangs gestellte Frage. Denn solange Staatsbürger nicht verstehen, dass es beim Wehrdienst auch darum geht, die Demokratie, ihre Werte und unser liberales Gesellschaftsmodell zu verteidigen, ist die Frage, wie lange der Militärdienst dauert, fast nebensächlich.
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