Wir sind Auto
Wenn Trump hustet und seine Viren Richtung China fliegen, kann es rasch passieren, dass die deutsche Autoindustrie krächzt und auch die österreichischen Zulieferer schwer erkranken. Die Weltwirtschaft ist ein sensibler Organismus, das sieht man aktuell an der Chipkrise, die bedrohliche Folgen bis hin zu Produktionsstopps haben könnte. Trump (und auch Xi Jinping) ist es bestimmt recht, wenn die europäischen Motoren stottern. Wieder einmal wird die EU in die Zuschauerrolle verbannt. Und die Autoindustrie ist offenkundig ein besonders empfindlicher Körper, dem man aus wirtschaftlichen Gründen ein langes Leben wünscht. Auch wenn ihr Produkt alles andere als nur positive Implikationen für den Alltag und das Zusammenleben hat.
Wie sehr der Mensch mit seinem Vehikel verwachsen ist, zeigten zuletzt auch Metaphern, die Minister Peter Hanke bei einer parlamentarischen Debatte verwendete. Es ging um den geplanten Lobautunnel und die dadurch intendierte Verkehrsentlastung in und rund um Wien. Der Tunnel sei „ein Bypass für ein überlastetes Herz“, sagte Hanke. Und die bisherige Hauptverkehrsader in diesem Gebiet, die A23, bezeichnete er als „verstopfte Arterie“.
Selten hört man von einem Verkehrspolitiker solche medizinischen Diagnosen, aber beim Auto hört sich sprachliche Zurückhaltung ja schon seit jeher auf („Verkehrsinfarkt“, „Verkehrshölle“ etc. sind etablierte Begriffe).
Früher einmal hieß es oft, ein Mensch sehe seinem Hund ähnlich. Heute sind die optischen Parallelen mancher Verkehrsteilnehmer mit ihren Autos verblüffend. Aufgemotzte Frisuren, (Rad-)Kappen und Stylings finden sich bei manchen Karossen gleichermaßen hinter dem Lenkrad wie am Chassis. Und Hanke, der Oberarzt der mobilen Erkrankungen, kümmert sich zwar um Helme für E-Scooter-Fahrer (sehr wichtig), aber viel zu wenig um die zunehmende Raserei im Straßenverkehr.
Das soll nun kein Plädoyer gegen Autos sein, aber eines für die strenge Kontrolle von Tempolimits und für ein friedlicheres Miteinander bei der Fortbewegung. Es gibt kaum eine Straße, egal ob Autobahn oder kleine Dorfstraße, auf der man sich als jemand, der Geschwindigkeitsbegrenzungen einhält, nicht wie ein Alien vorkommt. Und die Aggression der Verkehrsteilnehmer wächst und wächst.
Dazu passt auch die aktuelle Statistik bezüglich des Radverkehrs: Bis Oktober gab es in Österreich 66 tote Radfahrer. Die Gründe dafür liefern die Zahlen nicht.
Wenn das Thema Verkehr politisch und ökonomisch schon so wichtig ist, dann braucht es strenge Regulatorien wie Kennzeichen für Fahrräder, mehr Konsequenz für die tägliche Raserei und kein Einknicken vor Lobbys. Sonst landen wir im Straßenverkehr bald in der Anarchie.
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