Was SPÖ-Chef Babler noch alles lösen muss
Christian Böhmer
21.04.24, 17:16Die Wiener Genossen werden bei der Nationalratswahl für dich laufen!
Das war im Kern die Botschaft, die Michael Ludwig beim Wiener Landesparteitag seinem Vorsitzenden Andreas Babler mit auf den Weg gab.
Es ist ein offenes Geheimnis, dass Babler in der roten Stadt-Partei nicht nur für strahlende Begeisterung sorgt. Doch abgesehen von Ludwigs Versprechen gibt es auch andere Indizien dafür, dass die Wiener für den Bund „laufen“ werden.
Einer dieser Hinweise ist die Kandidatur von Doris Bures. Die wohl mächtigste Frau in der Bewegung ließ sich auf Platz eins der Wiener Liste setzen. Und sie genießt nicht unbedingt den Ruf, sich mit mittelprächtigen Wahlergebnissen abzufinden.
Mit Wien, so scheint es, hat Andreas Babler die Fronten – vorerst – also beruhigt.
Das ändert aber nichts daran, dass er andere Herausforderungen zu bewältigen hat, will er bei der Nationalratswahl reüssieren.
Eine hängt mit seinem „Herzensthema“ zusammen, den Kinderrechten. Babler will sich zu deren Anwalt machen, er wünscht sich ganztägige Schulformen mit kostenlosem Mittagessen. Kinder müssten zumindest eine warme Mahlzeit am Tag bekommen. Und nur wenn Kinder ganztägig betreut seien, hätten alleinerziehende Mütter eine echte Chance, Jobs mit Vollzeit anzunehmen.
All das ist schlüssig und sicher anständig – man kann schwer dagegen sein, dass Kinder einmal täglich warm essen.
Bablers Dilemma ist nur: Diejenigen, für die er sich stark macht, also die Wenig-Verdiener, nehmen de facto gar nicht an der Politik teil. Die Mehrheit der Nicht-Wähler ist im unteren Einkommensdrittel zu finden, die Hälfte der Armutsgefährdeten geht nicht zur Urne. Babler macht demnach Politik für Menschen, die bei Nationalratswahlen tendenziell immer zu Hause bleiben. Sie zu aktivieren, wird ein hartes Stück Arbeit.
Eine andere Herausforderung ist das ewige Thema „Migration, Asyl und Integration“. Auch am Wiener Landesparteitag war es mit Händen zu greifen, dass sich Funktionäre schwer tun zu erklären, wie genau die Haltung der SPÖ zur Integration aussieht.
Manchen in der Führungsriege geht dieses Lamento schon zart auf die Nerven. Die Haltung der Partei sei seit Jahren klar, hört man etwa von roten Landeshauptleuten, nämlich: „Integration vor Zuzug“.
Das ist natürlich korrekt, das entsprechende Kaiser-Doskozil-Papier ist geltende Beschlusslage.
Die Frage ist nur: Wer von den Genossen kann diesen Satz in weniger als einer Minute politisch mit Leben erfüllen? Wo liegen die Unterschiede zu anderen Parteien?
Vielleicht müsse man das Kaiser-Doskozil-Papier ein wenig kürzen und verdichten, flachst Michael Ludwig. Doch damit ist es nicht getan. Nicht, wenn Andreas Babler eine ernsthafte Chance auf Platz 1 haben will.
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