Kein Sommer wie damals

NATIONALRAT: MEINL-REISINGER
Die Politik hat sich mit einer turbulenten Woche in die Ferienpause verabschiedet. Der Aufregungspegel ist dennoch niedrig geblieben.
Martin Gebhart

Martin Gebhart

Auch wenn die großen Sommerferien eher dazu angetan sind, sich geistig eine Auszeit zu nehmen und die täglichen – meist unerfreulichen – Meldungen beiseitezuschieben, lohnt es sich, auf die vergangene Woche in der österreichische Innenpolitik einen Blick zu werfen. 

Da sind einige Entscheidungen gefallen, die hervorgehoben werden müssen. Und die in der türkis-grünen Vorgängerregierung nicht möglich gewesen wären.

Justizreform, Messenger-Überwachung und mehr

An erster Stelle steht dabei die große Justizreform, die in einer Bundesstaatsanwaltschaft mündet. Weg vom Weisungsrecht der Justizministerin hin zu einem Dreier-Senat, der sich mit den heiklen Fällen auseinandersetzen wird. Auch wenn noch einige Details ausverhandelt und ausformuliert werden müssen, seit dem Ministerrat am vergangenen Mittwoch ist diese Reform, die der Justiz ein neues Gesicht geben wird, auf Schiene. Man muss sich nur die heftigen Kontroversen zwischen den Grünen und der ÖVP – konkret zwischen den Ex-Ministerinnen Alma Zadic und Karoline Edtstadler – durchlesen, um zu erkennen, was da der Dreier-Bundesregierung gelungen ist.

Dann die Messenger-Überwachung, die im Nationalrat beschlossen worden ist. Wie oft wurde sie gefordert? Nach jedem Attentat gab es dazu Lippenbekenntnisse, auch von jenen Parteien, die jetzt dagegen gestimmt haben. Unter Türkis-Grün war die ÖVP bei diesem Thema allein geblieben, jetzt haben SPÖ und Neos mitgezogen. Wobei Neos-Chefin Beate Meinl-Reisinger deshalb einige parteiinterne pinke Schmerzen lindern wird müssen.

Oder die Teilpension, die am letzten Plenumstag im Parlament abgesegnet worden ist. Das ist zwar keine große Pensionsreform, war aber dennoch keine einfache Geburt. Das erkennt man daran, wie sehr innerhalb der SPÖ die Gewerkschaft daran herumgedoktert hat. Das erkennt man auch daran, dass diese Woche ÖVP-Klubobmann August Wöginger plötzlich medial ausrücken musste, um zu verkünden, dass seine Partei am aktuellen Pensionsantrittsalter nichts ändern wird, nachdem aus der Wirtschaft gegenteilige Forderungen gekommen sind. Das war wohl mehr eine Beruhigungspille für seine ÖAAB-Funktionäre als eine zukunftsorientierte Ansage.

Was unterm Strich auffällt: Der Pegel der öffentlichen Aufgeregtheit ist weit niedriger als in den vergangenen Jahren. Dabei war bei einer Dreier-Bundesregierung das Gegenteil erwartet worden angesichts der Erfahrungen aus Deutschland. Selbst der Konflikt zwischen den Regierungsparteien und der FPÖ bezüglich des geplanten U-Ausschusses wurde überraschend sachlich abgehandelt. 

Da muss jetzt ohnehin der Verfassungsgerichtshof entscheiden, wie es weitergeht. Hoffentlich mit einem klareren Spruch als bei den vergangenen U-Ausschüssen.

Kein Sommer wie damals

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