Noch lebt die Chance auf Frieden in Nahost

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Dass die Hamas den Waffenstillstand sabotieren wird, war klar. Um dennoch zu einer Friedenslösung zu gelangen, ist nun Besonnenheit gefragt.
Armin Arbeiter

Armin Arbeiter

Er habe einen „jahrtausendealten Krieg“ beendet, verkündete Donald Trump stolz, als vergangenen Montag die Waffenruhe zwischen Israel und der Terrororganisation Hamas verkündet wurde. Bei aller Übertreibung, für die der US-Präsident bekannt ist, es war eine Sensation, dass die 20 lebenden israelischen Geiseln zu ihren Liebsten zurückkehrten und das ist Trump und seinen Emissären zu verdanken. Dass tatsächlich sofort Frieden einkehren würde, war von Beginn an illusorisch.

Die Hamas nutzte die Zeit, um einen Feldzug gegen unliebsame Clans und Organisationen zu führen und inszenierte sich im Netz mit Hinrichtungsvideos und martialischen Fotos ihrer Schlächter. Die Botschaft: „Egal, was von der Politik beschlossen wird – wir gehen nirgendwo hin, ehe wir nicht unser Ziel, Israel auszulöschen, erfüllt haben“. Gleichzeitig weiß die Hamas nach wie vor die Sympathien vieler Menschen hinter sich, die nach der Waffenruhe erstaunlich ruhig waren und nun wieder in Erscheinung treten. Israel habe mit seinen Luftangriffen die Waffenruhe gebrochen, der „zionistische Staat mordet weiter“, ist in sozialen Medien zu lesen.

Es ist ein klassisches Muster, das nicht erst seit dem 7. Oktober angewandt wird: Dass zuerst die Gewalt von den Terroristen der Hamas ausging, wird verschwiegen, endlich kann man sich wieder über Israel empören und erklären, man habe immer schon gewusst, dass der Waffenstillstand nicht hält. Dennoch: Nach wie vor ist die Chance hoch, dass es zu einer Lösung kommt. Schon allein die Bereitschaft arabischer Staaten, Truppen zu stellen und eine andere Verwaltung im Gazastreifen zu etablieren, ist ein Durchbruch, der vor nicht allzu langer Zeit undenkbar schien. Klar ist aber auch, dass es eine Vielzahl von Akteuren gibt, die diese Lösung sabotieren wollen. An erster Stelle die Hamas selbst. Dass man sich auf diese Terrororganisation nicht verlassen kann, war erwartbar. Und der Angriff am Sonntag war nicht der erste seit Beginn der – brüchigen – Waffenruhe.

Gleichzeitig muss Netanjahu bei einer gewissen Verhältnismäßigkeit bleiben, wenn es um Vergeltungsschläge geht. Seine Koalitionspartner Ben-Gvir und Smotrich warten nur darauf, den Friedensprozess zu sabotieren und dort weiterzumachen, wo man vor etwas mehr als einer Woche aufgehört hat: Einen Krieg zu führen, dessen Ende nicht absehbar ist und der nur noch zu mehr Leid, Hass und Zerstörung führt. Sich gegen terroristische Attacken verhältnismäßig zu wehren, ist ein wichtiges Gebot. Doch die Chance auf einen Frieden nicht zu nutzen, würde unweigerlich zur nächsten Katastrophe führen. Israel muss es schaffen, der Welt zu zeigen, wer die Aggressoren sind – und dabei besonnen agieren.

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