Markus Marterbauer also – wenn das keine Provokation für den Wirtschaftsflügel der ÖVP ist. Aber, hoppla, gibt’s den überhaupt noch? Und wohin ist eigentlich die Macht der Wiener SPÖ entschwunden, die den „bürgerlichen“ Roten Peter Hanke als Finanzminister haben wollte? Offensichtlich hatte Bürgermeister Michael Ludwig wenig Lust, es sich vor der Wiener Gemeinderatswahl mit den „Bableristas“ in seiner Partei anzulegen. In der heimischen Realverfassung ist den Landeshäuptlingen ja eh immer das Hemd (also das Land) näher als der Rock (sprich: die Bundesregierung).
Damit sitzen nun Arbeiterkämmerer und Gewerkschafter federführend mit am Regierungstisch. Man darf mit Spannung manchen Disput mit dem neuen pinken Staatssekretär Sepp Schellhorn erwarten. Die Neos werden ihre (homöopathischen) Ansätze an Wirtschaftsliberalität in dieser Konstellation wohl einpacken müssen. Die SPÖ hat mit Finanzen und Infrastruktur die mächtigsten Ministerien – plus Justiz! – bekommen. Den (vorwiegend niederösterreichischen) Türkisen scheint Klientelpolitik (von Bauern bis Polizisten) wichtiger zu sein als Standortpolitik. Wolfgang Hattmannsdorfer wird es daher nach seinem schnellen Aufstieg vom OÖ-Landesrat über den Wirtschaftskammer-Generalsekretär zum Wirtschaftsminister nicht leicht haben, für eine bessere Wettbewerbsfähigkeit des österreichischen Standorts zu sorgen. Der neue Finanzminister Marterbauer ist schließlich ein wortgewaltiger Verfechter der Arbeitszeitverkürzung und hat noch unter der vergangenen Regierung dafür plädiert, Zukunftsinvestitionen mit Verschuldung und vermögensbezogenen Steuern zu finanzieren. Jetzt soll ausgerechnet er das Budget durch Ausgabenkürzungen sanieren.
Ob das am Freitag auch vom neuen Kanzler Stocker wiederholte ÖVP-Mantra „Leistung muss sich auszahlen“ Wirklichkeit wird, steht in den Sternen. Mit der neuen „Kindergrundsicherung“ zum Beispiel sinkt der Anreiz auf reguläre Arbeit in (migrantischen) Großfamilien weiter.
Wenn nun aber die Freiheitlichen über die „Zerstörung von Wirtschaft und Wohlstand“ durch die neue Regierung toben, ist dies nur noch lächerlich: Sie haben ihre Chance auf ein Mitregieren mit dem Beharren auf dem Innenministerium und manch befremdlichem Obskurantismus verwirkt. Die Dreierkoalition (so die Neos-Mitglieder am Sonntag ihren Sanktus geben) ist somit zum Erfolg verdammt. Es gibt immerhin sehr vernünftige Ansätze bei Asyl- und Bildungspolitik, ein Bekenntnis zur EU-Sicherheitspolitik, ein paar zaghafte Reformversuche bei den Pensionen, aber linke Enteignungssignale im Wohnungsbereich, was nötige Investitionen für Sanierung und Neubau weiter abwürgen wird. Auch nach dem Opernball wird Linkswalzer getanzt.
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