Mehr Geld für Gemeinden? Vorher sollen sie Reformkraft beweisen

PRESSESTATEMENTS NACH DEM BUND-LÄNDER-GEMEINDEN-TREFFEN ZUR GESAMTSTAATLICHEN KONSOLIDIERUNG: EIBINGER-MIEDL / SCHELLHORN / PRESSL / MARTERBAUER
Es wäre ein spannendes Experiment, Gemeinden mit mehr Geld und Autonomie auszustatten. Warum Zweifel angebracht sind.
Michael Hammerl

Michael Hammerl

Der „Stabilitätspakt“ hält fest, wie stark sich Bund, Länder und Gemeinden pro Jahr verschulden dürfen. Natürlich nur in der Theorie, Österreichs Budgetpraxis gleicht derzeit in Zahlen gegossenem Chaos. Was bringt dann der Pakt? Die Kurzversion: Brüssel schreibt eben vor, dass es ihn geben muss. Nun wird er seit Monaten neu verhandelt, die nächste Runde steht am Freitag an, eine Lösung soll bis Jahresende stehen. So trocken die Materie ist, sorgte sie in den vergangenen Wochen dennoch für große Emotionen. Grund: Die explodierenden Länder- und Gemeindeschulden haben Finanzminister Markus Marterbauers (SPÖ) Budgetpfad zerstört.

Anfang Oktober betonte er im KURIER-Interview noch, Österreich werde es auch „ohne neue Steuern“ schaffen. Mittlerweile plädiert er etwa für eine Erhöhung der Grundsteuer. Diese wurde seit 40 Jahren nicht mehr an die Inflation angepasst. Sie hat den Vorteil, dass hunderte zusätzliche Millionen direkt an die finanziell teils maroden Städte und Gemeinden fließen würden. Die Gemeinden hätten größere finanzielle Autonomie – und könnten gleichzeitig mehr Verantwortung übernehmen.

Autonomere Gemeinden: Genau hier hakt Gemeindebundchef Johannes Pressl (ÖVP) ein. Pressl wird als Verhandler besonder Konstruktivität nachgesagt – vor allem bei den Neos, aber auch im Finanzministerium kommt der Bürgermeister von Ardagger gut an. Und er hat einen Punkt: Gemeinden könnten prinzipiell vieles niederschwelliger regeln. Die Frage ist: Sind die kommunale Infrastruktur und das Personal auch flott, digital und vertrauenswürdig genug? Man darf daran zweifeln. Über die letzten Jahrzehnte haben Länder und Gemeinden bereits einen immer größeren Teil des Steuerkuchens erhalten. Doch kaum jemand wird argumentieren, dass auch das Bildungs- oder Gesundheitssystem besser geworden sind. Das Vertrauen in die Gemeindevertreter ist zudem nachhaltig beschädigt. Nicht nur wegen fragwürdiger Grundstücksgeschäfte von ÖVP-Bürgermeistern oder der SPÖ-Kleingartenaffäre in Wien, sondern auch wegen der misslichen Budgetlage – die viele kommunale Mitverursacher hat.

Vorschlag: Bevor wir über mehr Geld oder Macht reden, sollen die Gemeinden zeigen, dass sie überhaupt zu schlankeren und transparentern Strukturen fähig sind – und zum Sparen. Vorschläge lägen auf dem Tisch. Pressl hält die Zusammenlegung von Verwaltungseinheiten für sinnvoll. Worauf warten? Warum wird diese Debatte nicht forciert? Oder glaubt ernsthaft jemand, es seien Grenzwerte für Neuverschuldung, die Österreichs nächste Budgetkrise verhindern? Zahlkonstrukte, an die sich ohnehin niemand hält? Wie entbehrlich! Ein Stabilitätspakt lindert keine Krise, billigere und effizientere Gemeinden könnten das sehr wohl.

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