Die FPÖ an ihren Taten messen

Sind Sie für oder gegen Herbert Kickl? Ein Journalist sollte darauf nur eine Antwort geben: weder noch. Aufgabe unabhängiger Medien ist es nicht, gegen die FPÖ oder eine andere demokratisch legitimierte Partei anzuschreiben. Sondern?
Um Hugo Portisch zu zitieren: Eine gute Zeitung bringt, „was wichtig und wahr ist“. Oder Spiegel-Gründer Rudolf Augstein: „Sagen, was ist“.
Also kurzum: nach bestem Wissen und Gewissen recherchierte Fakten wiederzugeben. Und das hätte in den vergangenen Jahren durchaus besser gelingen können. Sei es beim Wirkungsgrad der Corona-Impfung oder bei den vermeintlich positiven Folgen unkontrollierter Massenzuwanderung. Den Fachkräftemangel hat Zweitere nun wirklich nicht behoben.
Solche Verweise auf journalistische Fehlleistungen bedeuten wiederum nicht, dass (FPÖ-)Erzählungen über „gleichgeschaltete“ oder „manipulative“ Medien zutreffen. Übrigens verfängt dieses Narrativ auch immer stärker im linken Meinungsspektrum. Freiheitliche scheinen aber besonders anfällig dafür zu sein. Wenn sich Herbert Kickl nun zu einem „offenen Dialog“ mit Medien bekennt, ist das eine erfreuliche Entwicklung. Meint er es ernst, sollte er aber auch endlich außerhalb seiner Haus- und Hofsender regelmäßig Rede und Antwort stehen. Ein aufrechter Demokrat macht das.
Genauso angebracht ist es aus journalistischer Sicht, die FPÖ an ihren Taten zu messen: hart, kritisch, nüchtern. Ohne Kampagnen, ohne vorschnelle Warnungen vor dem Ende der Zweiten Republik.
Aber bei aller Nüchternheit: Leider gibt es bereits bedenkliche Anzeichen. Zum Beispiel, dass blaue Vertreter öffentlich mit Kahlschlägen bei der Presseförderung drohen. Das umstrittene Medienkapitel hat am Donnerstag zur ersten Unterbrechung der Verhandlungen geführt. Grund: ÖVP-Mediensprecher Kurt Egger hatte es gewagt, die Medienverbände zu einem „persönlichen Gespräch“ zu laden.
Es ist verständlich, dass nicht jedes Informationsschnipsel aus den Verhandlungen öffentlich werden soll. Aber wie viel Polittaktik ist hier zulässig? Bei der Präsentation des Sparpakets verschwieg Blau-Türkis bereits zentrale Details. Etwa, ob wirklich die Krankenversicherungsbeiträge von Pensionisten erhöht werden. Das müsste bald passieren, will man heuer die versprochenen 270 Millionen Euro einnehmen. Dieser Punkt ist wesentlich, denn ohne die Maßnahme wird ein EU-Defizitverfahren kaum abzuwenden sein.
Kappt die FPÖ nun den Informationsfluss und spielt die ÖVP mit, wird es für Journalisten deutlich schwieriger, ihrer Rolle als vierte Gewalt nachzukommen. Und das wäre, ohne zu übertreiben, eine antidemokratische Tendenz.
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