Wir wissen seit bald zwei Jahrzehnten von etwa einem Fünftel der Schüler, die auch nach neun Jahren Schule nicht sinnerfassend lesen können. Und haben seit Dienstag die befürchtete Bestätigung, dass diese Bildungsergebnisse auch in der Gesellschaft angekommen sind: Der Anteil Erwachsener in Österreich, die Probleme beim Lesen und Verstehen selbst einfacher Texte und bei leichten alltagsmathematischen Aufgaben haben, hat sich innerhalb eines Jahrzehnts massiv auf 29 Prozent erhöht.
In Zahlen heißt das: Waren es zuletzt (2013) „nur“ rund eine Million Bürger, sind es jetzt rund 1,7 Millionen Personen. Das können wir nicht auf „die Ausländer“ schieben, denn bei Migranten der zweiten Generation gibt es beim Lesen kaum Unterschiede zu Getesteten ohne Migrationshintergrund.
Und beim Kindergarten, den nahezu alle Bildungsexperten als wichtigste Institution für eine erfolgreiche Bildungskarriere sehen, haben wir erst im Vorjahr die Chance auf eine ernsthafte Neuausrichtung verpasst – wir buttern zwar frische Milliarden ins System, verlangen dafür aber keine Ergebnisse.
Jetzt könnte man fast sagen, ein Glück, dass die Staatskassen klamm sind, so kommt wenigstens niemand auf die Idee, einfach mehr Geld ins Bildungssystem zu werfen. Wir müssen uns aber schon fragen, welche niederschmetternden OECD-Vergleichstests, welchen Aufschrei aus den Schulen und Kindergärten, welche Reportage oder Analyse zum Bildungsnotstand in den Medien wir noch benötigen, damit wir das Problem als das erkennen, was es ist: die Tatsache, dass wir als Gesellschaft immer schlechter für die Aufgaben der Zukunft vorbereitet sind.
Wer neue Standorte – die auch neue Jobs bringen – für sein Unternehmen sucht, schaut selbstverständlich auch alle Bildungsdaten und die internationalen Vergleichstest an. Da können wir die Suchenden mit noch so vielen Mozartkugeln bewerfen und noch so viele Lipizzaner tanzen und springen lassen – unsere Bildungsdaten sprechen gegen Österreich als Standort, so schmerzvoll diese Erkenntnis auch ist.
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