Kirchenstreit in a nutshell

Seit Wochen herrscht zumindest in einer kirchlich interessierten Öffentlichkeit Aufregung um das niederösterreichische Zisterzienserstift Heiligenkreuz. Zunächst stand der an der dortigen Hochschule lehrende Dozent für Moraltheologie Pater Edmund Waldstein im Fokus. Er wurde als eine Schlüsselfigur rechtskatholisch-fundamentalistischer Kreise identifiziert und mit Drohungen gegen linksliberale Theologinnen in Verbindung gebracht. Dann wurde bekannt, dass im Herbst eine sogenannte Apostolische Visitation des Stiftes stattfindet – mit dem Auftrag, „den Leitungsstil der Abtei in ihrer Gesamtheit sowie das persönliche Führungsverhalten des Abtes eingehend zu prüfen“. Inwieweit die Causa Waldstein damit zusammenhängt, ist nicht ganz klar – die für die Visitation ausschlaggebenden Vorwürfe dürften aber andere sein.
Die Causa Heiligenkreuz geht weit über das Kloster bzw. den Zisterzienserorden hinaus. Sie steht exemplarisch für einen schwelenden Richtungsstreit in der Kirche: Während das Stift den einen als leuchtendes Beispiel blühenden monastischen Lebens und unverfälschter, lebendiger Katholizität in säkularer Zeit gilt, ist es für seine Kritiker ein Hort eines aus der Zeit gefallenen reaktionären Katholizismus. Unbestritten ist, dass der Konvent regen Zulauf hat (im Unterschied zu den meisten anderen Klöstern), ebenso die Hochschule und das angeschlossene Priesterseminar.
Auf der einen Seite steht, dass manche Ansichten von P. Waldstein tatsächlich reaktionär oder überhaupt indiskutabel sein dürften. Manche der ihm unterstellen Aussagen bestreitet er, manche hat er später korrigiert, er selbst räumt ein, bei der Verteidigung der kirchlichen Lehre „manchmal zu weit gegangen“ zu sein. Allerdings hat sich sowohl die Hochschule als auch das Stift von Waldsteins Positionen deutlich distanziert. Sowohl im Konvent als auch im Lehrkörper dürfte P. Edmund mit seinen Ansichten allein oder zumindest klar in der Minderheit sein.
Andererseits ist auch klar, dass das innerkatholische Spektrum zum Glück breiter ist, als es der deutschsprachige Funktionärskatholizismus samt angeschlossenen Medien gerne hätte. Oder, leicht polemisch gesagt: Nur weil jemand jemanden kennt, der jemanden kennt, der auch schon einmal James D. Vance die Hand geschüttelt hat, ist er noch nicht Teil eines „rechtskatholischen Netzwerkes“, welches die Demokratie bedroht. Und wenn sich manche gar zu Fantasien versteigen, es drohten nun „ständestaatliche“ Verhältnisse, dann ist das nur noch bizarr.
Es ist gut, dass Heiligenkreuz visitiert wird, um Klarheit zu schaffen und allfällige Missstände zu beheben. Ungeachtet dessen lohnte aber innerkirchlich die Frage, ob sich aus der Erfolgsstory des Stiftes nicht auch etwas lernen ließe.
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