Herumdoktern am System

Herumdoktern am System
Allzu lange wird sich die SPÖ nicht mehr auf die gesundheitspolitischen Fehler der Vorgängerregierungen hinausreden können.
Josef Gebhard

Josef Gebhard

Es waren wieder einmal schlechte Nachrichten, die uns dieser Tage aus Brüssel erreichten. Der EU/OECD-Bericht zur Gesundheitsversorgung in der EU stellt Österreich ein schlechtes Zeugnis aus: Der Staat pumpt vergleichsweise hohe Summen ins System, dennoch breitet sich die Zwei-Klassen-Medizin hierzulande immer weiter aus. Nach wie vor gibt es überdurchschnittlich viele Spitalsbetten und auch die Gesundheitsvorsorge lässt zu wünschen übrig.

Was die SPÖ nicht daran hindert, den wenig schmeichelhaften Bericht für Werbung in eigener Sache zu nutzen. Schließlich habe man die von der OECD aufgezeigten Probleme nicht selbst verursacht, sondern von den Vorgängerregierungen – sprich von ÖVP, FPÖ und Grünen – geerbt. Selbst werde man alles tun, um die Zwei-Klassen-Medizin wieder zurückzudrängen. So der Tenor in den dicht getakteten Statements von Gesundheitsministerin Korinna Schumann über SPÖ-Bundesgeschäftsführer Klaus Seltenheim bis zu Gesundheitssprecher Rudolf Silvan.

Nach bald einem Jahr im Amt wird die rote Regierungsmannschaft aber nicht mehr allzu lange mit Verfehlungen ihrer Vorgänger argumentieren können, sondern langsam liefern müssen. Die bis dato vorgestellten Projekte – von Gratis-Impfungen bis hin zum elektronischen Eltern-Kind-Pass – sind wichtig, woran sich Schumann und ihre Mitstreiter aber messen lassen müssen, ist das Gelingen der geplanten umfassenden Gesundheitsreform – also die Beseitigung des Kompetenzdschungels zwischen Bund, Ländern und Sozialversicherung, der das Gesundheitswesen teuer und ineffizient macht.

Der bisherige Verlauf der Verhandlungen bietet freilich wenig Anlass für Optimismus, wofür man allerdings nicht allein die SPÖ verantwortlich machen kann. 

Nicht zu unrecht hat zuletzt der Präsident des Fiskalrates, Christoph Badelt frustriert festgestellt, dass es nicht einmal gelungen sei, zu Beginn der Gespräche ein konkretes Ziel zu definieren. Stattdessen dreht sich die Debatte zwischen den gesundheitspolitischen Föderalisten und Zentralisten seit Monaten im Kreis. 

Wobei Letztere mit Salzburgs Landeshauptfrau Karoline Edtstadler entgegen den Traditionen eine ÖVP-Politikerin als Fürsprecherin haben. Die SPÖ kann sich hingegen höchstens Gesundheitsregionen bestehend aus mehreren Bundesländern vorstellen. Wobei angesichts der unterkühlten Beziehungen etwa zwischen Wien und dem Burgenland die Fantasie fehlt, wie eine solche grenzübergreifende Zusammenarbeit gelingen soll. 

Gut möglich also, dass im nächsten OECD-Bericht erst recht wieder wenig erfreuliche Befunde zum heimischen Gesundheitssystem stehen. Dass ihn die SPÖ wieder groß thematisiert, ist weniger wahrscheinlich.

Porträt eines Mannes mit Brille vor dem Hintergrund „Kurier Kommentar“.

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