Als „Leider-doch-nicht“-Vorsitzender war Doskozil vor einem Jahr der genarrte Hauptdarsteller im peinlichsten Moment der 135-jährigen Parteigeschichte.
Doch auch wenn der 54-Jährige bei der Wahl seiner Worte und Mittel bisweilen nicht zimperlich ist und gerne poltert: Bei der Analyse und Themensetzung hat er bisweilen einen Punkt – und zwar sowohl, was die SPÖ angeht, als auch zur Politik insgesamt.
Wenn Doskozil beispielsweise sagt, man solle sich gegenüber Populisten und deren Wählern nicht als „Obermoralist“ gerieren, sondern das, was sie vertreten inhaltlich zerpflücken, hat er vermutlich Recht – moralinsaure Politik funktioniert in den seltensten Fällen.
Wenn er sich bei seinem Herzensprojekt, dem Mindestlohn, mit der Gewerkschaft anlegt, weil er es für „pharisäerhaft“ hält, dass Parteigänger mit Mehrfach-Gehältern Tausende Euro an Lohnzuwachs bekommen, so trifft er ebenfalls einen Nerv: Interessenvertreter sollen gut, aber halt nicht exorbitant verdienen.
Und schließlich steht Hans Peter Doskozil mit seinen Positionen beim Themenfeld „Zuwanderung, Migration und Asyl“ seit Jahren für eine Haltung, die mittlerweile messbar mehrheitsfähig ist.
Vier von zehn Österreichern halten strengere Regeln bei der Migration für das wichtigste Thema der nächsten Bundesregierung. So nachzulesen in einer KURIER-OGM-Umfrage von vor wenigen Tagen. Für die Österreicher ist die Migration heute gleich wichtig wie die Themen Sicherheit“, „Klima“ und „Bildung“ zusammen. Hans Peter Doskozil hat hier eine zugeschriebene Kompetenz, es gibt ein Zutrauen, dass er die Sache gut erledigen könnte.
Andreas Babler hat dieses Zutrauen – noch – nicht. Vermutlich, weil er zuletzt vor allem für eine kürzere Arbeitszeit, für Vermögenssteuern und einen Rechtsanspruch auf schnelle Arzt-Termine kampagnisierte.
Will Babler Nummer 1 werden, muss er eine prägnante Position bei der Migrationsthematik vermitteln.
Als Bürgermeister von Traiskirchen wäre der SPÖ-Vorsitzende dafür geradezu prädestiniert. Noch hat er 80 Tage. Aber die Zeit wird langsam knapp.
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