Von wegen billigerer Strom: Stromgesetz hängt in den Seilen

Von wegen billigerer Strom: Stromgesetz hängt in den Seilen
Das Gesetz für ein neues Betriebssystem für unseren Strommarkt hängt in den Seilen. Es hätte sich mehr Konzentration verdient.

Am 3. März dieses Jahres, also vor 282 Tagen, präsentierte sich die neue Regierung samt ihrem Regierungsprogramm. Auf Seite 60 steht: „Für eine rasche und nachhaltige Energiewende sehen wir die drei Leuchtturm-Gesetze als prioritäre Umsetzung bis Sommer 2025.

Jetzt stehen wir kurz vor 2026 und bei 0 (in Worten: null) Leuchtturmgesetzen zur nachhaltigen Energiewende. Dabei war der Auftrag an diese Regierung klar: die Lohn- und Lohnnebenkosten senken und für günstigere Energie sorgen. Während die Steuerreform längst auf 2027 verschoben wurde, ruhte alle Hoffnung auf Entlastung der Bevölkerung bei den Energiekosten. Jetzt hat das Ressort von Energieminister Wolfgang Hattmannsdorfer den genialen Einfall, das „Elektrizitätswirtschaftsgesetz“ (ElWG) in „Günstiger-Strom-Gesetz“ umzubenennen. Maßnahmen, den Strom auch wirklich günstiger zu machen, blieben bisher aber aus. Das sagt nicht nur der Dachverband der Ökostrom-Lobbys, sondern auch der Dachverband der mehrheitlich im Staats- oder Landesbesitz befindlichen Energieversorger: „Wer das Gesetz so nennt, verkauft Erwartungen, die für die überwiegende Mehrheit der Kundinnen und Kunden schlicht nicht erfüllbar sind“, sagt dessen Generalsekretärin.

Ohne zu tief in die Verhandlungsgegenstände zu tauchen, muss erwähnt werden, dass in den 190 Gesetzesparagrafen des Günstiger-Strom-Gesetzes viel Sinnvolles steht, nicht zuletzt ein Sozialtarif von sechs Cent/kWh für 250.000 Haushalte.

Transformation des Energiesystems

Es geht aber um viel mehr: Die anstehende Transformation des Energiesystems ist das größte Infrastrukturprojekt der Zweiten Republik, das Österreichs Widerstandskraft verbessern und die Wettbewerbsfähigkeit mittelfristig stärken soll. Dieses Gesetz ist auch nur ein nächster Schritt, dringend nötig sind folglich das Erneuerbaren-Ausbau-Beschleunigungsgesetz und ein Grüngasgesetz – das sind die eingangs erwähnten Leuchtturmgesetze.

Was aber unbegreiflich bleibt: Warum muss so ein wichtiges Gesetz am Ende doch nur irgendwie durch Ausschuss und Parlament gejagt werden, warum so spät? Warum nennt man ein Gesetz, das als neues Betriebssystem für die Energiewirtschaft gilt, „Günstiger-Strom-Gesetz“, wenn das nicht die eigentliche Aufgabe des Gesetzes ist? Warum legen wir nicht die Grundlage für ein eigenständiges, starkes Energiesystem, das uns resilient und wettbewerbsfähiger macht? Wir zahlen viel mehr für die Kilowattstunde als in den USA oder China, und bei den Netzkosten müssen wir sogar ein Vielfaches bezahlen. Das betrifft unsere Wirtschaft und damit die Zukunft des Landes. Und die hat sich mehr Konzentration verdient als so ein übers Knie gebrochenes Gesetzesvorhaben.

bernhard gaul, kurier

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