In Washington sitzt ein Egozentriker, der Richter verhaften lässt, die sich ihm widersetzen, und damit sein Land gefährlich Richtung Faschismus dreht; der Frieden nur dann schaffen will, wenn er ihm selbst nützt. Dass sein Treffen mit dem ukrainischen Präsidenten im Petersdom etwas bewirkt, ist vorerst nur Wunschdenken.
In Moskau regiert ein Mann, der seine Vision von der Rückkehr zum großrussischen Reich per Krieg herbeizuführen versucht.
Beim Regierungschef in Tel Aviv ist der Wunsch nach einem Ende der Gewalt beim besten Willen nicht erkennbar.
Und von der Lage im Sudan oder der Brisanz in Kaschmir kriegt man in unserem eurozentristischen Raum wenig mit – die Situation ist jedenfalls in vielen Regionen explosiv.
Umso wichtiger war es zuletzt, dass zumindest im Vatikan ein Pontifex an der Spitze stand, dem Menschen offenkundig wichtiger waren als Macht, der auf Versöhnung setzte statt auf Abgrenzung, der hohe humanitäre Maßstäbe einforderte, obwohl er wusste, dass diese bei vielen keine Rolle mehr spielen, der selbst jenen, die divergierende Ansichten hatten, mit fast amikalen Gesten begegnete.
Es mag sein, dass Franziskus mehr ein Papst für die Nicht-Gläubigen war als für die streng Konfessionellen. Aber dass er ein Stabilitätsfaktor und ein Mensch für die Menschen war, daran besteht kein Zweifel.
Wenn nun demnächst beim Konklave ein Nachfolger für ihn gesucht wird, müssten – abgesehen von ideologischen Fragen und strategischen Überlegungen – genau diese Themen im Zentrum stehen: Dass die Kirche ein Gegenentwurf zur aktuellen Politik sein muss, sogar ein Vorbild; dass es um andere Horizonte geht als um den Zeitraum zwischen zwei Wahlgängen; dass man anders miteinander kommunizieren kann als aggressiv und gehetzt über soziale Medien; dass man aufeinander zugehen sollte, selbst wenn sich die inhaltlichen Vorstellungen voneinander entfernen; und dass man diese Welt nicht jenen überlassen darf, die sie gierig ausbeuten und sich nicht um künftige Generationen scheren.
Wer also soll nächster Papst werden? Ein Vermittler zwischen Himmel und Erde, aber auch zwischen Ost/West, Nord/Süd und zwischen den Religionen. Das Requiem in Rom hat gezeigt, wie stark das Christentum sein kann. Aufeinander zuzugehen ist eine Stärke, keine Schwäche.
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