EU verwässert Klimaschutz: Ein Gewinner, sonst nur Verlierer

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So erwartbar das Verwässern der EU-Klimaschutzziele war – es darf nicht über das eigentliche Problem hinwegtäuschen: Mutlosigkeit und Kurzsichtigkeit.
Bernhard Gaul

Bernhard Gaul

Die Klimakrise verschärft sich, der erste Kipppunkt – das Absterben der Korallenriffe – ist überschritten, die Ozeane können wegen der Erwärmung immer weniger CO2 aufnehmen, die selbstverstärkenden Prozesse, vor denen die Klimawissenschaft seit drei Jahrzehnten warnt, sind Realität.

Und was machen wir Europäer? Wir fahren den Klimaschutz zurück! Wir weichen die vor vielen Jahren fixierten Maßnahmen wie die CO2-Bepreisung für fossile Treib- und Brennstoffe auf, auch das Verbrenner-Aus für Neuwagen ab 2035 wird sicher noch verwässert. Gewonnen haben Öl- und Gasindustrie. Sonst gibt es nur Verlierer.

Beim heutigen EU-Gipfel sollte es um die Klimaziele 2035 und 2040 gehen, stattdessen wird uns schmerzlich vor Augen geführt werden, wie sehr die EU inzwischen handlungsunfähig geworden ist. Regierungschefs wie Ungarns Viktor Orbán oder Andrej Babiš in Prag werden sich, wenn überhaupt, eine Zustimmung zu neuen Klimazielen nur sehr, sehr teuer abkaufen lassen. 

Es passt aber ins Bild, das Europa schon die längste Zeit abgibt: Es gibt keine Wirtschaftsstrategie, keine Industriestrategie, nicht einmal ein Verständnis einer gemeinsamen Verteidigungspolitik. Die EU ist zudem in einer globalen Zange von Asien und Amerika: Die amerikanischen Internet- und KI-Konzerne dominieren jeden Tag mehr, die Chinesen erpressen uns, weil sie seit Jahrzehnten eine konsistente Politik um strategische Rohstoffe und seltene Erden haben. Und für den anstehenden 30. UN-Klimagipfel, bei dem das zehnjährige Jubiläum des Versprechens aller Staaten gefeiert wird, die Erderwärmung mit 1,5 °C zu begrenzen, ist das alles auch ein Desaster. Es war ein leeres Versprechen, auch der Europäer.

Es scheint egal, dass erst am Dienstag 2.178 Wissenschafterinnen und Wissenschafter, die sich schon ihr ganzes Berufsleben mit der Thematik beschäftigen, einen flammenden Appell an die EU-Staaten gerichtet haben, die Klimaziele hochzuhalten. Egal auch die Argumente der Forscher fern vom Klimaschutzaspekt: Bis 2040 könnten wir über 850 Milliarden Euro an fossilen Brennstoffimporten einsparen, die Energiekosten der Haushalte würden um bis zu zwei Drittel sinken; und nicht zuletzt das stärkste Argument – eine Verringerung der Abhängigkeit von autokratischen Ländern Zentralasiens oder Arabiens und eine Stärkung unserer Unabhängigkeit und Widerstandsfähigkeit.

Müßig zu erwähnen, dass solche kurzfristigen politischen Entscheidungen vor allem die Zukunft der kommenden Generationen massiv gefährden. Die Bürger in Europa und weltweit wollen Lösungen und haben sich einen klugen Klimaschutz verdient. Leider herrschen Mutlosigkeit und Kurzsichtigkeit über uns.

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