Donald Trump und die Wissenschaft: Wenn die Erkenntnis geht

Als in den 1930ern in Österreich und Deutschland plötzlich Hakenkreuzfahnen von den Universitäten wehten, begann eine Fluchtbewegung, die die Welt der Wissenschaft für immer verändern sollte. 133.000 jüdische Flüchtlinge kehrten Österreich, als es noch ging, den Rücken. Auch etwa 1.300 Wissenschafter und Akademiker aus dem „Großdeutschen Reich“ flohen in die Vereinigten Staaten. Ganze Institute wurden „ausgeblutet“. Der Verlust, den Österreich durch den Vertreibungswahn erlitt, lässt sich am Beispiel der Grazer Universität dokumentieren. Drei Nobelpreisträger mussten 1938 ihre Alma Mater verlassen: der Pharmakologe Otto Loewi sowie die Physiker Victor Franz Hess und Erwin Schrödinger. Damals ist Österreich zur geistigen Provinz geworden.
Ökonomische Studien zeigen parallel dazu die Innovationswirkung für die USA: In jenen Feldern, in denen die Emigranten wirkten, stiegen die US-Patentanmeldungen um 31 Prozent. Das „intellektuelle Kapital“ dieser Flüchtlinge wurde zum Treibstoff amerikanischer Wissenschaft. Universitäten wie Harvard, Yale, Stanford, das MIT oder Caltech wandelten sich zu globalen Leuchttürmen. Viele der Geflüchteten sorgten für den Nobelpreis-Boom der USA nach 1945.
Und heute? Noch herrscht zwar kein symmetrischer „Retour-nach-Europa-Brain-Drain“, aber politisch erzeugte Hürden zeigen Wirkung: Gekürzte Budgets, gefeuerte Forschende, enorme Eingriffe in die Wissenschaftsfreiheit lassen selbst Spitzenfachkräfte ernsthaft darüber nachdenken, den Vereinigten Staaten den Rücken zu kehren.
Auch Talente werden vermehrt abgeschreckt. Diesmal warnen Ökonomen: Würde der Zustrom internationaler Studierender dauerhaft um ein Drittel sinken, könnte das den US-Arbeitsmarkt für Hochqualifizierte um mehr als elf Prozent schrumpfen. Ein Rückschlag, der sich in schwächerer Innovationskraft, weniger Start-ups und abnehmender technologischer Führerschaft niederschlagen würde. Kanada und Großbritannien jedenfalls registrieren bereits steigende Studierendenzahlen.
Der Blick zurück zeigt: Nach dem „Anschluss“ sollten Jahrzehnte vergehen, ehe der Anschluss an die internationale Wissenschaft zumindest teilweise wieder gelang. Heute ist die freie Wissenschaft – das Grundrecht auf selbstständigen Erkenntnisgewinn ohne ideologische oder politische Einmischung – in Deutschland und Österreich verfassungsrechtlich geschützt. In den USA hat Trump der Wissenschaft unterdessen den Krieg erklärt. So gesehen könnte sich der „Brain Drain“ von der historischen Fußnote zum wiederkehrenden Muster wandeln: Wer Talente anzieht, gewinnt die Zukunft – wer sie vertreibt, verliert sie.
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