Deckelt die öffentliche Hand eigentlich auch etwas bei sich selbst?

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Wie wär’s, wenn auch Bund, Gemeinden und Sozialpartner den Gürtel enger schnallen? Bisher ist davon leider fast nichts zu sehen.
Martina Salomon

Martina Salomon

Die SPÖ hat ein Allheilmittel gefunden: den Deckel. Der soll Mieten und Lebensmittelpreise senken, das Sommerloch füllen und dem SPÖ-Vorsitzenden einen passenden Inhalt für das bevorstehende ORF-„Sommergespräch“ liefern. Aber deckelt der Staatsapparat auch bei sich etwas? Schließlich müssen Unternehmen gerade den Gürtel enger schnallen. Siehe die kriselnde heimische Autozulieferindustrie, die allein zwischen 2023 und 2024 rund 5.000 Arbeitsplätze abbaute. Außerdem sorgen Digitalisierung, Automatisierung und KI für weniger Personalbedarf. Nicht so in der heimischen Verwaltung, obwohl der brave Bürger eh schon praktisch alles online erledigt, sich mit seiner Steuererklärung durch die ID Austria kämpft und im Bemühen, eine E-Rechnung an den Staat zu stellen, manchmal verzweifelt.

Sogar die – richtige! – Zusammenlegung der 21 Krankenkassen auf nur fünf spart nichts ein, wenn nur das Logo verändert, aber nicht auch die kleinen Königreiche darunter dezimiert werden. Also lieber gleich ausgliedern? Auch das muss nicht billiger sein. So wurden zum Beispiel 1999 mit dem „Umweltkontrollgesetz“ Agenden aus dem Landwirtschafts- und Umweltministerium (bis dahin erledigt von einer zweistelligen Anzahl an Beamten) an das neu geschaffene Umweltbundesamt ausgegliedert. Dieses ist nun auf 650 Experten und zwei Chefinnen angeschwollen – und übersiedelt demnächst an einen nobleren Wiener Standort, weil (das mit dem Rad schwieriger zu erreichende?) Klosterneuburg verweigert wurde. Man darf wetten, dass das alles letztlich im Ministerium keine einzige Stelle sparte. Natürlich sind auch die Agenden – vor allem seitens der EU – mehr geworden, und sicher ist vieles vernünftig. Aber sorgt ein wachsender Verwaltungsapparat nicht auch für unnötig wachsende bürokratische Anforderungen an Unternehmen? Übrigens gab es auch bei den Gemeinden ein „Jobwunder“: Seit 2008 ist die Zahl der Vollzeitposten laut Agenda Austria um 22.000 bzw. um ein Fünftel gestiegen. Kein „Deckel“ ist auch bei Müll, Wasser und vielen anderen kommunalen Gebühren zu sehen, die die Wohnungskosten getrieben haben.

Und wo bitte ist der „Deckel“ bei den Sozialpartnern? Die Einnahmen aus der Arbeiterkammer-Umlage sind 2024 gegenüber dem Jahr davor um satte 7,4 Prozent bzw. 45 Millionen auf 653 Millionen Euro gestiegen . Die Personalkosten erhöhten sich in dieser Zeit gleich (vorübergehend) um zehn Prozent, was laut AK auf das Wahljahr zurückzuführen war. (Eine überparteiliche Organisation sollte damit allerdings genau nichts zu tun haben.) Wenn wir also so gerne (populistisch) über „Deckel“ reden, dann sollen doch zuerst einmal Bund, Gemeinden und Sozialpartner schauen, wo sie ihn selbst draufhalten könnten.

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