Die Bierpartei hat derzeit außer Stimmungsmache gegen die Politik nicht viel zu bieten.

Die Bierpartei hat derzeit außer Stimmungsmache gegen die Politik nicht viel zu bieten.
Für den Nationalrat ist das zu wenig. Wie wäre es mit ernsthaft?
Philipp Wilhelmer

Philipp Wilhelmer

Bei der Nationalratswahl im Herbst gibt es eine Unbekannte: Wieviele Menschen werden ihre Stimme aus Protest abgeben? Wie viel landen bei der Bierpartei von Dominik Wlazny? Und warum? Letztere Frage lässt sich mit Inhalten nur schwer begründen, denn Wlazny hat außer seiner lockeren Rockstar-/Ärzte-Aura wenig anzubieten, wie sich am Mittwochabend bei seinem ersten Live-Sommer-Interview bei Puls 4 zeigte. Bei kaum einem Thema ließ er sich – „Sie stellen Fragen“ – zu einer konkreten Antwort locken. Auch auf der Website der Partei liest man lediglich von einem „Entpolitisierungspaket“. Damit surft Wlazny auf einer problematischen Stimmungswelle: Politik ist schlecht, Parteien noch mehr. Überhaupt: Alles Dilettanten, alles eine geschobene Partie.

Die Bierpartei lockt mit „Menschenräten“, die einen „repräsentativen Querschnitt“ der Bevölkerung bilden sollen.

Ein Mega-Stammtisch zur Lösung komplexer Problemstellungen. Ein Staatswesen funktioniert aus gutem Grund komplex strukturiert und fein abgestimmt. Nationalratsabgeordnete haben den Job, Gesetzesvorhaben zu bewerten, zu ermöglichen oder zu verhindern. Interne und externe Expertisen ergeben inhaltlich Sinnvolles. Das wird mit dem politisch Möglichen abgeglichen.

Dass dabei vieles verwässert wird, ist oft ärgerlich. Kompromisse sind aber zutiefst demokratisch.

Gibt es Kumpanei? Ja. Aber es gibt viel mehr ernst gemeinte politische Arbeit. Und die Größenverhältnisse im Parlament spiegeln den Willen eines „repräsentativen Querschnitts“ der Bevölkerung wider: Bei der Wahl kreuzt man jene Partei an, deren Inhalte und Weltanschauung den eigenen Vorstellungen entsprechen.

2015 startete die „Bierpartei“ als Satireprojekt. Dann kam das Ibiza-Video, das die allgemeine Politikverdrossenheit befeuerte. Wlazny beschloss, daraufhin ernsthaft Politik zu machen. Es wäre ein guter Zeitpunkt gewesen, eine neue, konstruktive Kraft zu bilden. Wlazny führte mit Bierdosen Wien-Wahlkampf, zeigte sich aber als Präsidentschaftskandidat von seiner seriösen Seite.

Die Nationalratswahl ist die zentrale Weichenstellung der Republik: Hier entscheidet sich die grundsätzliche Richtung des Staates: Links? Rechts? Konservativ? (Anti-)Demokratisch? Laut Umfragen dürfte Wlazny es im Herbst mit sechs Prozent der Wählerstimmen in den Nationalrat schaffen und vor allem linken Parteien Stimmen wegnehmen. Die SPÖ reagierte nervös und machte den Auftritt des Kleinparteichefs auf dem Kleinfernsehsender öffentlich lächerlich. Allerdings lassen sich potenzielle Bierpartei-Wähler dadurch wohl nicht überzeugen, dass der Schmied doch kompetenter ist als der Schmiedl.

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