Absetz-Bewegungen

Eine Aktivistin protestierst gegen die Absetzung von Jimmy Kimmel.
Es ist so weit: In den USA hat ein falscher Witz eine ganze Sendung versenkt. Der prominente „Late Night Show“-Moderator Jimmy Kimmel hatte einen Gag darüber gemacht, dass die MAGA-Bewegung von Donald Trump angeblich danach trachte, den Charlie-Kirk-Attentäter von sich wegzuschieben. Der Kontext: Das Donald-Trump-Lager hatte sofort nach dem Attentat von Linksextremismus gesprochen. Bei näherer Betrachtung ist niemand wirklich schlau geworden aus dem Todesschützen. Der 22-Jährige hinterließ Patronen, in die ebenso homophobe Botschaften geritzt waren wie der Titel einer berühmten Arbeiterhymne. Er soll mit einer Transfrau liiert gewesen sein. Und: In seiner Biografie finden sich Hinweise auf eine Verbindung zur einer extrem rechten Gamer-Trollszene. Man kann beim aktuellen Wissensstand nicht nicht falsch liegen, wenn man den Wahnsinn des Attentats ideologisch verorten möchte.
Der politische Druck auf Kimmel folgte sofort: Die staatliche Rundfunkbehörde stellte Maßnahmen in Aussicht. Disney-Sender ABC zog die Reißleine und setzte Kimmel ab. US-Präsident Trump feierte den Schritt öffentlich. Schon im Juli war ein anderer Comedian Opfer der neuen Realitäten in den USA geworden: Stephen Colberts „Late Show“ wird nicht mehr verlängert. Die Meinungsfreiheit, die in den USA bei jedem Streit hoch gehalten wird – sie wirkt so bedroht wie selten zuvor.
Auf der anderen Seite des Atlantiks setzte der norddeutsche Öffentlich-Rechtliche NDR eine konservative Journalistin ab. Julia Ruhs hatte sich im Format „Klar“ Reizthemen gewidmet, die sich durch eine extreme Polarisierung auszeichnen: Migration, angebliche „Wokeness“, Corona , etc.
Ruhs’ Auftaktfolge beschäftigte sich mit kriminellen Asylwerbern. Ohne Schaum vorm Mund, aber mit einer klaren Perspektive: Hier gibt es ein Problem. Auch Gegenstimmen kamen zu Wort. Das Feedback: „rechtspopulistisch“ (Jan Böhmermann), „Tiefpunkt“ (eine Journalistenvereinigung). Rund 250 NDR-Mitarbeiter unterzeichneten einen offenen Brief, in dem sie sich von „Klar“ distanzierten.
Am Donnerstag wurde bekannt, dass der NDR Ruhs nach drei Pilotfolgen absetzt, wiewohl eine vom Sender in Auftrag gegebene Studie ein durchwegs positives Bild beim Publikum zeigte. Andere Moderatoren sollen zum Einsatz kommen. Bizarres Detail: In Folgen, die der Bayrische Rundfunk (BR) verantwortet, ist Ruhs weiter zu sehen. Man kann der Journalistin vorhalten, rechtskonservative Aspekte hervorzuheben. Sie abzusetzen aber ist eine Torheit: Die Entscheidung bestätigt jene in ihrer Meinung, die den Öffentlich-Rechtlichen eine grundsätzlich linke Schlagseite vorwerfen.
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