Keine Debatte, und sei sie selbst noch so unerträglich, kommt ohne inakzeptable Nebentöne aus – auch nicht die um den Ex-Burgtheater- und Ex-ORF-Star Florian Teichtmeister. Dass hier ein Schauspieler wegen des unentschuldbaren Besitzes von Abbildungen von Kindesmissbrauch angeklagt ist, wird von ganz Verbohrten dazu benützt, die „linke Kulturschickeria“, den ORF oder das Burgtheater an den Pranger zu stellen.
Nein, die Kulturbranche ist hier nicht Täter – oder auch nur voller Täter. Wer dementsprechende Verschwörungstheorien befeuert oder die Causa zur Abrechnung politischen Kleingelds benützt, decouvriert sich selbst.
Mit der Weisheit des Danach stellt sich immer vieles leichter dar, als es war. Dennoch ist der Umgang wohl nicht allerorts geglückt.
Dass Teichtmeister bis zuletzt Hauptrollen am Burgtheater bekam („Nebenan“ wird jetzt abgesetzt), obwohl die Verantwortlichen dort von den Vorwürfen wussten, ist schwer zu erklären: Auch wenn keine arbeitsrechtlichen Konsequenzen möglich gewesen sein sollten, muss man jemanden, bei dem sich Fragezeichen aufgetan haben, nicht auch noch in die erste Reihe stellen.
Bei den „Toten von Salzburg“ im ORF wertete man die gleiche Lage offenbar anders – und schickte die Hauptfigur „auf Kur“, um eine Klärung abzuwarten. Auch an der Burg kann man Schauspieler in Wartepositionen halten. Dass hier aufgeklärt wird, ist notwendig; man muss sich auch der Möglichkeit stellen, dass hier rechtlich richtig, aber dennoch unzureichend gehandelt wurde.
Einen hohen Preis zahlt Regisseurin Marie Kreutzer, deren Film „Corsage“ in seinem Wesenskern als feministisches Statement schwer getroffen ist. Dessen Verbleib im Oscar-Rennen ist inkonsequent und ein Fehler. Der Eindruck bleibt, dass hier nicht eingelöst wird, was anderswo verlangt wird: Auch wenn Teichtmeister nicht die Hauptrolle spielt – kann man den Film wirklich einfach so weiterschauen? Auch wenn der Dreh fertig war, bevor die Vorwürfe zu kursieren begannen, war Teichtmeister danach in die Bewerbung von „Corsage“ eingebunden.
Dass es im Cast noch #MeToo-Vorwürfe gegen eine zweite Person gegeben haben soll, und nichts passierte, wirft auch Fragen auf. Einzelfälle (wie jetzt den schrecklichen aktuellen) gibt es überall.
Mit den eigenen strukturellen Problemen, nämlich Machtmissbrauch unabhängig von der Causa Teichtmeister, muss man sich aber auseinandersetzen. Wie die Kultur die schreienden Männer, steilen Machtgefälle und Abhängigkeiten loswird und wie man Kulturschaffende in der Arbeit schützt, wurde viel diskutiert. Das zu thematisieren, ist ein schmerzhafter Prozess – und an dessen Ergebnissen, nicht an Einzelfällen muss man sich messen (lassen).