Franziskus war überraschend Pontifex geworden, obwohl er aus Lateinamerika und nicht aus Europa stammte. Bei der Wahl seines Nachfolgers werden erstmals die europäischen Kardinäle in der Unterzahl sein. Es ist deshalb auch eher unwahrscheinlich, dass der nächste Papst wieder aus einem europäischen Land kommen wird.
Aber warum sollte auch der nächste Papst aus Europa kommen, wenn sich hierzulande die Kirchen immer mehr leeren, während auf anderen Kontinenten die katholischen Gemeinden einen Zulauf an Gläubigen verzeichnen können? Trotz der oft widrigen Umstände, die in manchen muslimischen Ländern sogar in eine Art Christenverfolgung umgeschlagen sind. Das vergangene Osterfest, immerhin das wichtigste christliche Fest im Jahr, hat das einmal mehr deutlich gemacht. In den meisten Gotteshäusern Österreichs waren die Kirchenbänke sehr spärlich besetzt.
Dennoch sind sehr viele Kirchenvertreter in Europa noch immer der Meinung, dass sie vorgeben können oder gar müssen, wie der Glaube in der katholischen Kirche gelebt werden muss. Das Konklave hat noch gar nicht begonnen, und schon werden Erzählungen in die Welt gesetzt, die vor der Macht der afrikanischen oder asiatischen Kirchen warnen.
Da wird mit den Adjektiven „progressiv“ und „konservativ“ nur so herumgeschmissen, um mögliche Kandidaten sofort in ein ideologisches Kasterl zu stecken, aus dem sie dann nur noch schwer herauskommen. Ähnliche Gerüchte hatte es auch im Vorfeld der Wahl von Papst Franziskus gegeben. Und tatsächlich waren es dann während seiner Amtszeit bestimmte Strömungen in Europa – vor allem auch in Rom –, die es ihm schwer machten, seine Vorstellungen einer in die Zukunft gerichteten katholischen Kirche umzusetzen.
Diese Diskussionen kann man auch auf die österreichische Kirche herunterbrechen. Die muss sich anstrengen, um nicht in eine gewisse Bedeutungslosigkeit abzurutschen. Sie kann diesmal beim Konklave keinen Kardinal stellen. Und es ist nicht sicher, ob ihr Rom nach Christoph Schönborn jemals wieder einen Kardinal zusprechen wird.
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