Warum 4.600 Euro Mindestsicherung so aufregen

Dass sich die türkis-grüne Regierung doch noch auf ÖVP-Finanzminister Magnus Brunner als künftigen EU-Kommissar geeinigt hat, war innenpolitisch die Meldung der Woche.
Die Stammtische und die sozialen Netzwerke werden allerdings von einem ganz anderen Thema derzeit beherrscht. Seit über die Gratiszeitung Heute öffentlich geworden ist, dass eine syrische Familie mit sieben Kindern in Wien monatlich 4.600 Euro an Mindestsicherung inklusive Mietbeihilfe erhält, gehen die Wogen hoch.
Man setzt es in Vergleich zu Familienvätern, die einer Arbeit nachgehen und weniger erhalten. Zusätzlich schwingt noch der Ärger über zu viele Migranten mit, die das System gezielt ausnützen würden.
Dazu kommt noch, dass diese Familie in den anderen Bundesländern bei Weitem nicht so viel erhalten würde. Diese Mixtur sorgt dafür, dass das Thema nicht mehr ohne Schaum vor dem Mund diskutiert werden kann.
Und das in Zeiten des beginnenden Wahlkampfs. Die FPÖ hat sich natürlich sofort darauf gestürzt und wird diese 4.600 Euro ganz sicher genüsslich einfließen lassen. Aber auch andere Parteien haben sich dem nicht entzogen.
Der grüne Sozialminister Johannes Rauch fordert, dass die Mindestsicherung endlich österreichweit einheitlich aufgestellt wird. ÖVP-Integrationsministerin Susanne Raab plädiert für eine Wartezeit von fünf Jahren, ehe etwa Asylberechtigte Anspruch auf Sozialhilfe haben.
Wiens SPÖ-Stadtrat Peter Hacker hat sich hingegen öffentlich voll hinter diese soziale Unterstützung gestellt. Das ist mutig, denn auch er muss wissen, dass das parteiintern recht unterschiedlich diskutiert wird. Wirklich punkten kann man damit in der breiten Bevölkerung wohl kaum.
Eine ehrliche Diskussion ist da kaum mehr möglich
Hilfreicher als dieses Abstecken der parteipolitischen oder ideologischen Positionen wäre eine ehrlichere Diskussion darüber. Erstens muss es Ziel sein, dass die Sozialhilfe in allen Bundesländern das gleiche Niveau hat. Dem muss sich auch Wien stellen. Vor allem, wenn man gleichzeitig über den starken Zuzug von Asylberechtigten in die Bundeshauptstadt klagt.
Wobei klar ist, dass die Mindestsicherung oder Sozialhilfe neu nicht bloß ein Asylthema ist. Zweitens muss allgemeine Linie sein, dass es sich unterm Strich deutlich mehr lohnt, einer Arbeit nachzugehen, als mit der Sozialhilfe das Auslangen zu finden. Das wird zwar seit Jahren gefordert, bildet sich in den Zahlen aber immer noch nicht ab.
Das heißt nicht, dass sozial Schwachen nicht gezielt unter die Arme gegriffen werden muss. Das heißt, dass die Sozialhilfe nicht so angesetzt werden darf, dass das System leistungsfeindlich wird.
Mit anderen Worten: Das Thema braucht jenen Pragmatismus, den Bundespräsident Alexander Van der Bellen bei seiner Salzburg-Rede zuletzt gefordert hat.
Kommentare