Manches kann man sich ruhig abschauen. Zum Beispiel den unerschütterlichen amerikanischen Optimismus, der auch die Trump-Präsidentschaft überlebt hat. Er war gut sichtbar bei der Inauguration des neuen US-Präsidenten (auch wenn Europäer so viel Glamour und Pathos für Polit-Ereignisse lächerlich fänden).
Dazu gesellt sich in Amerika Innovationsgeist. Scheitern ist kein Stigma. Man ist bereit, sich neu zu erfinden, wenn eine Idee nicht aufgeht, und zieht für einen neuen Job auch Tausende Kilometer weiter. Ganz im Gegensatz zu Österreich, wo ein arbeitsloser Wiener Kellner nicht nach Tirol versetzt werden kann, selbst wenn er jung und kinderlos ist. Und wo ein hoher Kündigungsschutz gepaart mit oft absurden Regularien sowie hohen Steuern und Abgaben dazu führt, dass sich vor allem kleine Unternehmen jede Anstellung zweimal überlegen müssen. „Hire and fire“ ist die eine Seite der Medaille in den USA. Die andere ist, dass auch Ältere wieder einen Job finden, weil ein Unternehmen nicht fürchten muss, den neuen Mitarbeiter kaum noch kündigen zu können, wenn es nicht klappt. (Was übrigens in den USA auch eine schnellere Erholung nach der Finanzkrise 2008 ermöglichte.)
Während in den USA das Prinzip „So wenig Staat wie möglich“ gilt, herrscht bei uns das genaue Gegenteil. Für jedes Problem muss vorsorglich ein Gesetz gebastelt werden, an jedem individuellen Unglück ist die Gesellschaft schuld. Und wehe, die von der Politik den über 65-Jährigen versprochenen FFP2-Masken (die mittlerweile kaum sechzig Cent im Supermarkt kosten und ab Montag sogar verschenkt werden) sind nicht rechtzeitig in der Post. Skandal!
Marktwirtschaft, Justiz und Militär sind stark in den USA – Letzteres ist auch Kaderschmiede für Führungskräfte und technischer Innovationstreiber. Das „Land der unbegrenzten Möglichkeiten“ hat außerdem genug Risikokapital für Neues – während ein österreichisches Start-up hoffen muss, von einer größeren (amerikanischen?) Firma geschluckt zu werden.
Nein, nicht alles ist Gold, was in Amerika glänzt. Und vieles glänzt nicht einmal. Große Teile des Gesundheits-, Sozial- und Bildungssystems funktionieren bei uns besser oder zumindest für die breite Masse gerechter. Dennoch würde es uns nicht schaden, ein bisschen amerikanischer (und Amerika, ein klein wenig europäischer) zu werden.
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