Kurz und Strache – kein Paar für die EU

Kanzler Kurz will ein „neues Fundament“ für die EU. Die FPÖ will wieder starke Nationalstaaten.
Helmut Brandstätter

Helmut Brandstätter

Aus der Entfernung gesehen ist Europa offenbar viel attraktiver als von innen. Der israelische Historiker und Bestseller-Autor Yuval Noah Harari („Sapiens: Eine kurze Geschichte der Menschheit“) sieht die EU als „bis jetzt bestes Beispiel in der Geschichte der Menschheit für Harmonie ohne Einförmigkeit“. Eine wunderbare Formulierung für einen Kontinent, der über viele Jahrhunderte neben großartigen Kunstwerken und wissenschaftlichen Erkenntnissen vor allem Schauplatz grausamster Kriege war.

Nun hat die Europäische Union nicht nur dauerhaften Frieden, sondern auch ungeahnten Wohlstand gebracht. Aber das Rad der Geschichte dreht sich schneller, als uns lieb ist, die Europäer stehen gebannt vor der digitalen Umwälzung und außenpolitischen Veränderungen. „Europa ist schon lange nicht mehr in der Lage, mit den USA und China mithalten zu können“, sagt Kanzler Kurz völlig richtig im deutschen Handelsblatt und fordert neue EU-Verträge. Das wird mühsam, wie Kurz auch eingesteht. Aber schon jetzt könnten die Regierungschefs beschließen, auf die Einstimmigkeit im Rat zu verzichten, dafür brauchen wir keine neuen Verträge, wie EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker betont. Dazu kommt, dass ÖVP und FPÖ bei der weiteren Entwicklung der EU in keinem Punkt einer Meinung sind. Die FPÖ und deren rechtsextreme Partner in der EU denunzieren jede Gemeinsamkeit als „zentralistisch“. Außer sie wollen etwas erreichen, wie die Abschaltung des Atomkraftwerks Mochovce. Das sollte Brüssel durchsetzen können. Da sieht man, wie widersprüchlich der Populismus ist.

Nur eine selbstbewusste EU hat Einfluss

Sollte es wirklich zu einem Diskussionsprozess über die Reform der Union kommen, wäre dies das Ende dieser Regierung. Dabei wäre die von Kurz geforderte Subsidiarität gerade im Moment so wichtig, und zwar in der Außenpolitik. Da müsste die Kommission, nach entsprechender interner Abstimmung mit den Staaten, ganz selbstverständlich für die ganze EU auftreten können. Wenn die USA gegen jede Vernunft den Atom-Deal mit dem Iran zerstören, muss die EU selbstbewusst dagegenhalten. Schon deshalb, weil wir in Europa die Leidtragenden einer weiteren kriegerischen Auseinandersetzung im Nahen Osten wären. Und weil wir unsere geschäftlichen Interessen wahrnehmen müssen. Genau so, wie die USA das tun.

Bei der Digitalisierung, die zwischen den USA und China ausgemacht wird – EU-Unternehmen haben nur 3 Prozent des weltweiten Börsenwerts – müssen wir gemeinsam forschen und Start-ups unterstützen. Auch das Silicon Valley wurde durch staatliche Aufträge (vor allem der Rüstungsindustrie) groß.

Harmonie ohne Einförmigkeit – und die Werte der Aufklärung – nirgendwo gibt es bessere Voraussetzungen für eine menschenwürdige Zukunft.

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