Jetzt, da sich viele Sommerfestivals dem Ende zuneigen, ist es aber durchaus angemessen, die Lage des Kulturschaffens generell zu hinterfragen. Und da fällt auf, dass es seit einiger Zeit wesentlich leichter ist, an Karten zu kommen. Das kann der Entwöhnung durch die Pandemie geschuldet sein und der Angst vor Ansteckung. Es kann (und wird) an der Inflation liegen und der strengen Überlegung, wofür man sein Geld ausgibt. Aber auch Kulturinstitutionen müssen überprüfen, ob ihr Programm attraktiv genug ist, um Menschen wieder aus dem selbstverordneten kulturellen Lockdown zu reißen.
In dieser Hinsicht hat man das Gefühl, dass sich manche Intendanten nicht einmal die Frage nach der Aufgabe von Kultur in so komplexen Zeiten stellen. Soll sie uns amüsieren, ablenken und wegbringen vom permanenten Krisengezeter? Oder muss sie sich, bei allem Respekt den Werken gegenüber, nun noch heftiger mit der Lage unserer Welt auseinandersetzen, mit unseren Stärken und Schwächen, mit Bedürfnissen und Ängsten, freilich nicht konkret, sondern mit den Mitteln der Poesie?
Zahlreiche Kultur-Player agieren, als wollten sie nur rasch zurück in die Zeit vor Corona, mit ausreichend Subventionen, einem braven Publikum, das kommt, egal, was man spielt, mit der Bühne als Gott-(oder Intendanten-)gegebenem Kosmos. Aktuelle Themen wie Regionalisierung, Redimensionierung, Ökologie, Wertekataloge – im Kulturschaffen spielen sie eine Nebenrolle. Genauso wie in der Politik herrscht Angst, Wähler/Kartenkäufer zu verlieren. Und Gehässigkeiten oder ideologische Scheuklappen sind wichtiger als Zukunfts-, sogar als Gegenwartsmodelle. Was bedeutet Theater 2022? Was muss es in Hinblick auf Tradition und Innovation leisten? Und für wen? Aber nur nicht zu viel fragen, lieber das ewig Gleiche.
Freilich gibt es Ausnahmen – nicht jene, die Häuser mit überholtem Konzept-Quargel leer spielen (z.B. Volkstheater), sondern solche, die Antworten suchen und Qualität über alles stellen (z.B. Staatsoper). Insgesamt läuft die darstellende Kunst akut Gefahr, Relevanz in der Gesellschaft zu verlieren – unabhängig davon, ob sich Politiker dort zeigen.
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