Der Jugendliche, das unbekannte Wesen
Sie sind unter uns. Und niemand weiß, was sie tun. Was sie vorhaben. Eines ist fix: Sie starren ständig nur auf ihre Handys! Für alles andere, das uns zum Verständnis der Jugend helfen soll, hat sich eine eigene Branche selbst erschaffen: Die Jugendforschung.
Sie wagt sich durch das Dickicht jugendlicher Emotionen und Einstellungen, um uns nachher zu berichten, was sie so denken und tun, diese Jugendlichen. Donnerstag ist wieder eine dieser Studien präsentiert worden: Der "Jugend-Trend-Monitor 2016" von DocLX (das ist ein Anbieter von Studenten-Saufpartys und Matura-Saufreisen) und dem digitalen Markt- und Meinungsforschungsinstitut Marketagent.com.
Sie haben 1.763 Jugendlichen aus ganz Österreich 74 offene und geschlossene Fragen zu ihrem jeweils gestrigen Tag gestellt. Oder, wie es in der Einladung für die Präsentation formuliert wird, Jugendliche "einen ganzen Tag lang durch die demoskopische Brille" begleitet, was auch immer das heißen mag. Begleitet haben sie sie jedenfalls nicht, nur befragt. Spannend wird es bei der Altersauswahl: Zwischen 14 und 29 Jahren sind die Befragten. Junge Menschen, die gerade aus dem schulpflichtigen Alter sind, werden in der Studie mit solchen zusammengeworfen, die eines oder mehrere Studien abgeschlossen haben. Unternehmen und Familien gegründet haben. Oder Außenminister sind.
Sie alle werden gefragt: Um welche Uhrzeit bist du gestern aufgestanden? (Würden Sie eigentlich den Außenminister auch erstmal duzen, nur weil er unter 30 ist?) Oder: Wie warst du gestern nach dem Aufstehen gelaunt? Die wichtigere Frage, nämlich zum Beispiel: Warum nicht gut? wird nicht gestellt. Möglich wäre: "Boah hey, die Mathe-Schularbeit gestern" oder "Ich bin noch immer bummzu". Aber auch: "Scheiße, meine Firma läuft nicht gut, ich muss jemanden entlassen" oder "Im Ministerrat gestern war meine Performance nicht die Beste."
Was wir dafür jetzt wissen: "Jede(r) Dritte hat gestern jemandem ein Guten-Morgen-Bussi gegeben", 7,4 Prozent sogar mehreren Personen. Haben die mehrere Partner gleichzeitig? Oder geben sie es Mama und Papa? Was wir auch wissen: 83 Prozent der Jugendlichen planen "zumindest (grob)" ihren Tagesablauf. Okay, es wird langsam billig, schon wieder den jungen Außenminister heranzuziehen, aber: Auch zwischen Schülern, Studenten und Berufstätigen zwischen 14 und 29 dürfte es da gewisse Unterschiede geben.
Skurril wird es bei der ersten Frage zum Essen. Was glauben Sie, was bei "den am Vortag konsumierten Lebensmitteln" ganz oben auf der Liste steht? Es sind Kohlenhydrate. Ja, Kohlenhydrate. Da wird es eigentlich sogar spannend: War das eine offene Frage? Beeinflusst die Berichterstattung über Essgewohnheiten und Diäten junge Menschen so sehr, dass sie alle "Kohlenhydrate" angeben, obwohl die eigentlich gar kein Lebensmittel sind? Oder ist es einfach eine geschlossene Frage mit richtig dummen Antwortmöglichkeiten gewesen? Darüber gibt die Studie keinerlei Aufschluss.
Das letzte Kapitel der Studie ist eine Zusammenfassung, sie ist mit: "24h im Rückblick. Carpe Diem – leere Hülle oder Tatsache?" betitelt. Die erste und offenbar wichtigste Erkenntnis: "Mehr als die Hälfte war am Vortag alles in allem gut gelaunt." Wir hoffen, Sie wissen jetzt, wie "die Jugendlichen" ticken.
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