Koalition: Beim Geld hört sich die Freundschaft auf

Der Wirtschaftsabschwung ist spürbar, der Verteilungskampf in der Regierung wird sicherlich heftiger.
Michael Bachner

Michael Bachner

Das erste Regierungsjahr von Türkis-Blau stand unter dem günstigen Stern der Hochkonjunktur samt niedrigster Zinsen. Wenn Milch und Honig fließen, ist das Regieren kein Kunststück. Mit dem Rückenwind der brummenden Wirtschaft konnten auch SPÖ und ÖVP gut leben. Das rot-schwarze Zweckbündnis zerbrach bestimmt nicht an steigenden Steuereinnahmen und sinkenden Arbeitslosenraten.

Ab heuer trübt sich die Wirtschaft ein, und es wird sich zeigen, ob dem „Wir-streiten-nicht“-Duo Sebastian Kurz und Heinz-Christian Strache mehr einfallen wird, als immer nur die Ausländerkarte zu zücken.

Das Glück der Regierung ist, dass der Abschwung spürbar, aber nicht katastrophal ausfällt. Zwar sinkt die Wachstumsrate von 2,7 auf bis zu 1,5 Prozent markant, doch lange nicht so dramatisch wie etwa in Deutschland (ein Prozent und darunter). Hierzulande stützt der Privatkonsum die Konjunktur, außerdem ist die Wirtschaft stärker mit Osteuropa verflochten als die deutsche – und dort ist das Wachstum intakt.

Die zweite gute Nachricht ist, dass daher weder das Budget noch die Steuerreform ernsthaft in Gefahr sind. Keine neuen Schulden und die Senkung der Steuerlast sind richtige Ziele. Jetzt geht es um den Weg dorthin. Der neue Familienbonus – als erster Schritt – kommt zum richtigen Zeitpunkt und hilft mit, den Privatkonsum stabil zu halten.

Damit sich aber das Nulldefizit und die versprochene Milliarden-Entlastung ohne neue Steuern ausgehen, muss auf der Ausgabenseite eindeutig mehr passieren. Das klingt etwas theoretisch, ist es aber nicht. In der Praxis passiert nur zu oft das Gegenteil: Zuletzt sind die Förderungen wieder kräftig gestiegen. Im Pensionsbereich geschieht gar nichts. Die Pflegemisere ist seit Jahren bekannt. Ergebnis?

Auf geduldigem Regierungspapier

Bis jetzt ist von den strukturellen Problemen nur die große Kassenfusion angegangen worden, und die kostet zunächst wesentlich mehr, als sie bringt – so sie der Verfassungsgerichtshof nicht ohnehin kippt. Die in Aussicht gestellte Patientenmilliarde existiert bisher nur auf geduldigem Regierungspapier.

Andere Reformen, die also echte Einsparungen bringen könnten, sucht die Regierung offenbar noch.

Bis es so weit ist, spielt die FPÖ weiter Oppositionspartei und fordert drei Milliarden fürs Heer oder die Abschaffung der ORF-Gebühren, ohne sich zu scheren, woher das Geld kommen soll. Die Blauen machen es sich sehr leicht. Sie sagen: Reform-Minister Josef Moser von der ÖVP muss liefern, wir verteilen dann das Geld. Das könnte noch eine echte Zerreißprobe zwischen der Kurz-ÖVP und der Strache-FPÖ werden. Was die Rechtsaußen-Asylpolitik eines Herbert Kickl oder das höchst unterschiedliche Verständnis von Europa nicht schaffen, könnte bei den Finanzen passieren. Wenn es ums Geld geht, hört sich die Freundschaft auf.

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