Aber: Kaum eine Regierung der Zweiten Republik hatte mit Pandemie, Kriegsfolgen und Teuerung derartig viele Krisen zu bewältigen. Und dann wurde auch noch ein amtierender Kanzler von einer Koalition aus eigenem Regierungspartner und Opposition gestürzt (samt endlosem Ibiza-U-Ausschuss, wo sich niemand mehr auf das Ausgangsthema, aber dank der Schmid-Chats alle auf die Kanzlerpartei konzentrierten). Grün und Rot hatten plötzlich keine Berührungsängste mit Blau. Daher ist auch manch lautstarke Wehklage über den Aufstieg der Rechten scheinheilig.
"Die Debatte ist zu schrill", stellte Grünen-Klubchefin Sigrid Maurer im KURIER-Interview fest. Stimmt, im Getöse geht unter, dass es in dieser Regierung nicht nur unbedachte Kanzler-Sager und Misserfolge gab. Sie hat immerhin einen Riesenschritt mit der Abschaffung der Kalten Progression und dem Ende des Amtsgeheimnisses getan, trieb trotz Differenzen die Klimapolitik voran und versuchte nicht ganz erfolglos, die Asylströme einzudämmen.
Auch wenn die SPÖ-Strategie einen "Armutswahlkampf" empfiehlt, lässt sich außerdem nicht leugnen, was der Budgetdienst des Nationalrates festgestellt hat: Niedrige Einkommen sind in der Krise real stärker gestiegen. Das Problem waren die zu früh und zu wahllos verteilten Milliarden. Damit wurde letztlich die Inflation befeuert.
Ja, es mehren sich die Anzeichen für eine Rezession. Aber weder gibt es gefährlich hohe Arbeitslosenzahlen noch massive Konsumeinbrüche. Nur viel schlechte Laune. Das nutzt rechten und linken Populisten. Es liegt an Regierung und Opposition (aber auch an Medien), den Ton wieder zu mäßigen. Die Justiz möge endlich die Vorwürfe gegen das Team von Sebastian Kurz klären. Mehr als zwei Jahre Ermittlungen sollten dafür eigentlich reichen. Und dann kehren wir von der "Emokratie" (O-Ton Politikwissenschaftler Hofer) bitte wieder zur normalen Demokratie zurück.
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