Heilsamer Perspektivenwechsel

Heilsamer Perspektivenwechsel
Manchmal lösen sich Vorurteile in Luft auf, man muss nur die Seite wechseln: vom Unternehmertum über Postenvergabe bis zum Promi-Fest.
Martina Salomon

Martina Salomon

Unternehmerinnen und Unternehmer seien für sie früher „eher die Bösen“ gewesen, gestand die Ex-Journalistin und erfolgreiche Betreiberin einer Brotbackschule, Barbara van Melle, dieser Tage freimütig in einem Presse-Interview. Darin schilderte sie als einstige romantische Linke ihr hartes Aufschlagen in der Wirklichkeit der Wirtschaft: wie man erkennt, dass dort nicht nur Milch und Honig fließen, sondern ungeahnte bürokratische Hürden, hohe Lohnabschlüsse sowie enorme Abgaben stressen. Und dass man sich trotz eines erfolgreichen Firmen-Aufbaus selbst weniger Geld als den eigenen 15 Angestellten auszahlen kann. Willkommen in der Welt vieler KMUs!

Man würde liebend gerne auch anderen Träumern und Wüterichen zum Perspektivenwechsel raten. Zum Beispiel jenen „reizenden“ Mitbürgern, die vor ein paar Tagen in Wiener Neustadt großen Autos die Reifen-Luft ausließen. Nein, das ist kein harmloser „Klima-Aktivismus“ mehr, sondern überschreitet eine Grenze, gefährdet im schlimmsten Fall sogar Menschenleben. Wenn so ein angeblicher Aktivist (beiderlei Geschlechts) mal eine Zeit lang als kleiner Lieferant, Taxler oder Pendler unterwegs wäre, würde er oder sie ahnen, dass auch die morgendlichen Straßenblockaden mehr alltägliche Verzweiflung und Ärger, als Verständnis für klimapolitische Anliegen erzeugen. Der Standort bestimmt eben oft genug den Standpunkt.

Das beweist auch regelmäßig  die FPÖ, sobald sie in Regierungsverantwortung gelangt. Zuerst große bis komplett überzogen aggressive Töne spucken, und dann vom Asylwesen bis zu Postenbesetzungen nicht anders regieren als die anderen. 
Apropos Posten: Die Grünen führen gerade ebenso vor, dass sie keinen Deut moralischer handeln als ÖVP oder FPÖ. Denn worin unterscheiden sich die aktuellen Besetzungen von Ministerin Leonore Gewessler mit rein zufällig ihr Nahestehenden in der Asfinag (Aufsichtsrätin und Finanzchef) und der  Austro Control (Geschäftsführung) von der inkriminierten Postenvergabe an Peter Sidlo bei den Casinos? Der war ja ebenfalls nicht nur ein blauer Günstling, der einen roten Günstling abgelöst hatte.
Und dann betrieb diese Woche noch Sven Hergovich wilde Oppositionspolitik, obwohl er als SP-Landesrat zwar nicht Teil der Koalition, aber doch der NÖ-Proporzregierung ist. So wie er gegen den „Promi-Umtrunk auf Steuerzahlerkosten“ von Johanna Mikl-Leitner in Kitzbühel wütete, hätte man ihn gerne sachte daran erinnert, dass heuer auch der Wiener SPÖ-Stadtrat Peter Hanke für ein Wirtschaftsfrühstück in Kitzbühel weilte und 2023 sogar beim New Yorker Opernball Hof hielt. Gut so – keine schlechte Wien-Werbung! Vielleicht sollte man prinzipiell öfter die Luft anhalten als Luft rauslassen – und Dinge auch  andersrum betrachten.

Martina Salomon

KURIER-Herausgeberin Martina Salomon

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