Das gilt auch in der Koalitionsfrage, also wer geht nach der Wahl mit wem? Je lauter die Gegner der „Ibiza-Koalition“, also Rote, Neos und Grüne die Neuauflage von Türkis-Blau herbeitrommeln, desto stärker geht die ÖVP zur FPÖ auf Distanz. Auch weil die Blauen selbst unbedingt wieder den Juniorpartner geben wollen, muss die ÖVP fast zwangsläufig dagegenhalten. Nach dem Motto: Nix ist fix.
Denn die eigenen konservativen Wähler gehen mehr und mehr auf Distanz zu Türkis-Blau II. Bundespräsident Alexander Van der Bellen hat seine Ablehnung von Herbert Kickl in einem Regierungsamt öffentlich gemacht. Und die ÖVP muss alles tun, um den Eindruck zu vermeiden, die Wahl wäre ohnehin längst gelaufen, also Sebastian Kurz ist schon Sieger und nächster Kanzler und Türkis-Blau längst ausgemachte Sache.
Mit ihrem Anti-FPÖ-Kurs schafft die ÖVP mehr noch: Sie versucht gegenüber links abzudichten, also möglichst wenige Wähler zu Grün und Rot zu verlieren. Und sie kann die Partei geben, die an einer Aufklärung des Ibiza-Skandals wirkliches Interesse hat. Auch das kann bis zum
29. September nur helfen und nicht schaden.
Doch nach dem Wahltag sind die Wähler nicht mehr so wichtig, sie haben bereits abgestimmt. Die mahnenden Worte, die vielen Bedingungen könnten dann schnell vergessen sein, wenn der Verhandlungspoker beginnt. Und dann spricht wieder viel für Türkis-Blau. Inhaltlich ist man sich am nächsten, Herbert Kickl wird FPÖ-Klubchef und sitzt nicht mehr in der Regierung. Das einzige, wenn auch größte Risiko für Kurz ist: Wie lange wird Türkis-Blau dieses Mal halten? Wieder nur ein paar Monate? Wieder nur von Einzelfall zu Einzelfall, von Skandal zu Skandal?
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