Wo sind eigentlich die Sozialpartner?

Der Wirtschaftsstandort Österreich steht vor einer der größten Herausforderungen der letzten Jahre. Nach drei Jahren Rezession liegen wir beim Wirtschaftswachstum an letzter Stelle in der Europäischen Union, haben in puncto Staatshaushalt ein Defizitverfahren der EU am Hals, bei gleichzeitig zweithöchster Steuer- und Abgabenquote in der EU und der Fiskalrat warnt vor einer Rekordverschuldung in den nächsten Jahren.
Unsere internationale Konkurrenzfähigkeit, Voraussetzung für unseren Wohlstand, ist mehrfach bedroht: zu hohe Arbeitskosten (Lohnstückkosten und Lohnnebenkosten), überhöhte Energiepreise, überbordende Bürokratie und Verfahrensdauer, Trend zur Teilzeitgesellschaft mit Arbeitskräftemangel sowie längst überfällige Strukturreformen bei Föderalismus, Bildung, Pensionen und Gesundheit. Die Bundesregierung hat daher zurecht mit den Landeshauptleuten sowie mit Städte- und Gemeindebund eine Reformpartnerschaft beschlossen.

Günter Stummvoll
Schulterschluss
Der Schulterschluss müsste aber wesentlich breiter sein. Erstaunlich ist nämlich, dass es um eine Einrichtung still geworden ist, die in den letzten Jahrzehnten viel zum Wohlstand in Österreich beigetragen hat und wiederholt (wenngleich nicht immer!) als Problemlöser aufgetreten ist, nämlich die Sozialpartnerschaft.
Dabei gehören wesentliche Bereiche, die für die Konkurrenzfähigkeit von entscheidender Bedeutung sind, zu den Kernkompetenzen der Sozialpartner, insbesondere Arbeitskosten und Arbeitsmarkt. Wo sind hier die Sozialpartner? Sie spielen derzeit eigentlich keine Rolle. Es kann aber nicht sein, dass zum Beispiel die Gewerkschaften nur dann präsent und aktiv sind, wenn es etwas zu verteilen gibt. Jetzt gilt es Verantwortung für unseren Wohlstand zu übernehmen.
Benya-Formel
Die Erhaltung der Kaufkraft ist zwar ein wichtiges Ziel der Lohnpolitik, aber es darf nicht das Einzige sein. Ein konkurrenzfähiger Wirtschaftsstandort ist für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zumindest genauso wichtig, vor allem im Hinblick auf Arbeitsplätze, Einkommen und soziale Sicherheit. Da reicht die jahrelang praktizierte Benya-Formel nicht mehr. Wie generell Rezepte aus der Vergangenheit die Herausforderungen der Zukunft oft nicht bewältigen können. Das Argument, das es immer schon so war, überzeugt nicht.
Balance
Es geht jetzt darum, die Lohnpolitik neu zu orientieren, vor allem eine Balance zu finden zwischen Erhaltung der Kaufkraft und Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit.
Eine Neuordnung der Lohnpolitik ist auch eine enorme kommunikative Herausforderung. Es geht dabei darum, bewusst zu machen, dass man nicht das Populäre tun kann – etwa hohe Lohnerhöhungen. Es geht vor allem darum, das Notwendige populär zu machen , nämlich die Sicherung der Konkurrenzfähigkeit unseres Landes.
Zum Autor:
Günter Stummvoll ist Sprecher der u.a. von der Industriellenvereinigung getragenen Initiative Standort.
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