Hochmut kommt auch nach dem Fall
Im Abgang prangerte Harald Mahrer „Populismus“ an.
Ein Thema hat die letzten beiden Wochen klar beherrscht. Zuerst eine inhaltliche Fehleinschätzung, dann ein Hin- und Herrudern und schlussendlich ein Abgang ohne Reue. Meine Kunden und Freunde von mir wollten wissen: Wie nehme ich als PR- und Kommunikationsexpertin und Unternehmerin die Entwicklungen in der Wirtschaftskammer wahr?
Klar – aus Kommunikationssicht war das Vorgehen ein Desaster. Dass aber nur schlechte Kommunikation an diesem Schlamassel Schuld sein soll, ist zu einfach gedacht und stimmt auch nicht. Denn zu diesem Punkt führten falsche strategische Einschätzungen und Entscheidungen.
Pia Ulrich
Im Ö1-Interview vor einer Woche nahm Harald Mahrer als Wirtschaftskammerpräsident die Verantwortung dafür auf sich. Er gab zu, dass Fehler passiert sind und entschuldigte sich dafür. Sehr ungewöhnlich in der heimischen Politik.
Dieser Anfall von Demut legte sich aber rasch wieder, als der gewünschte Effekt nicht eintrat. Nämlich, dass damit alles erledigt ist. Im Gegenteil. Es folgte die maximale Eskalation – der von vielen Seiten geforderte Rücktritt. In Harald Mahrers Rücktrittsvideo war von der scheitelknienden Selbstgeißelung nichts mehr zu hören. Beleidigt wurden nicht die eigenen Fehler als Grund für diesen unvermeidlichen Schritt dargelegt, sondern „Populismus und persönliche Ressentiments“ der medialen Debatte, auf deren Spielfeld sich der Ex-Kammerpräsident nicht mehr wohlfühle. Schuld sind also die anderen. Hier zeigt sich: Hochmut kommt manchmal auch nach dem Fall. Und: Selbst mit der besten Krisenkommunikation nach allen Regeln der Kunst kann man ab einem gewissen Zeitpunkt das Ruder nicht mehr herumreißen.
Neues Kapitel
Als Unternehmerin bin ich davon überzeugt: Eine starke Interessenvertretung ist für mich persönlich und für die heimische Wirtschaft im Allgemeinen wichtig und notwendig. Daher bleibt zu hoffen, dass die Wirtschaftskammer unter neuer Führung ein neues Kapitel aufschlägt. Denn die Sozialpartnerschaft ist ein Grundpfeiler unserer Demokratie und eines friedlichen Miteinanders.
Alle Interessenvertretungen sollten diese Ereignisse zum Anlass nehmen, um an sich selbst und ihren Entscheidungsträgern zu arbeiten – im Sinne jener, die sie vertreten. Mit Demut, statt mit Hochmut.
Zur Autorin:
Pia Ulrich ist eine Wiener Unternehmerin. Nach 15 Jahren in der politischen Öffentlichkeitsarbeit hat sie sich als PR- und Kommunikationsexpertin selbstständig gemacht.
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