Wertsicherung: Kein Freibrief für beliebige Klauseln

Jahrelang herrschte Unsicherheit über die Gültigkeit von Wertsicherungsklauseln in Bestandverträgen. Nun sorgt der 10. Senat des OGH mit einer aktuellen Entscheidung für einen Paradigmenwechsel: Wertsicherungsklauseln in langfristigen Mietverträgen sind grundsätzlich zulässig. Im Mittelpunkt steht § 6 Abs 2 Z 4 KSchG. Diese Bestimmung untersagt Vertragsklauseln, die es Unternehmern erlauben, für Leistungen, die innerhalb von zwei Monaten nach Vertragsabschluss erbracht werden, ein höheres Entgelt zu verlangen als ursprünglich vereinbart – es sei denn, die Klausel wurde einzeln mit dem Verbraucher ausgehandelt.
Entgegen der bisherigen Judikatur gilt diese Bestimmung laut OGH nur für Verträge, bei denen die Unternehmerleistung innerhalb von zwei Monaten vollständig zu erbringen ist, weil nur dann das Vertrauen auf einen Fixpreis zu schützen ist. Bestandverträge mit mehr als zwei Monaten Laufzeit fallen also nicht unter die Beschränkung.

Johanna Hauer
Aufatmen für Vermieter
Für Vermieterinnen und Vermieter bedeutet diese Entscheidung Aufatmen. Wertsicherungsklauseln in langfristigen Mietverträgen sind grundsätzlich zulässig, auch wenn diese eine Wertanpassung innerhalb der ersten zwei Monate nach Vertragsabschluss nicht ausschließen. Das ist im Ergebnis wohl sachgerecht, weil ansonsten Mieten über Jahre hinweg „eingefroren“ und Mieterinnen und Mieter im Vergleich zu Vermietern erheblich bessergestellt wären.
Aber aufgepasst – Voraussetzung der Gültigkeit der Klausel ist weiterhin, dass diese insgesamt transparent formuliert ist. Wertsicherungsklauseln müssen verständlich sein, was im Einzelfall zu Herausforderungen führen kann.
Das sagen auch Verbraucherschützer wie etwa die Arbeiterkammer und der Verbraucherschutzverein, für die der Schwenk des OGH in seiner rezenten Entscheidung naturgemäß ungelegen kommt.
Sowohl Arbeiterkammer als auch VSV betonen, laufende Verfahren weiterzuführen und die Ausgestaltung von Wertsicherungsklauseln auch gestützt auf andere rechtliche Bestimmungen umfassend zu überprüfen. Die Entscheidung führt damit kurzfristig nicht zu einem „Aus“ für laufende Massenverfahren, versetzt diesen aber einen Dämpfer.
Durchaus erfreulich für andere Branchen, die ebenfalls regelmäßig mit derartigen Verbraucherklagen konfrontiert sind, ist, dass der OGH seine Rechtsansicht nicht auf Bestandverträge beschränkt. Vielmehr bezieht er sich generell auf Dauerschuldverhältnisse, die unternehmerseitig eine längere als zweimonatige Leistungsfrist vorsehen. Die Entscheidung kann damit als Orientierungshilfe für die Ausgestaltung von Wertsicherungsklauseln in anderen langfristigen Vertragstypen dienen; so etwa bei Energielieferverträgen, Versicherungsverträgen, Leasingverträgen oder sonstigen langfristigen Abo-Verträgen.
Vorsicht bei Kurzverträgen
Vorsicht ist bei Verträgen geboten, bei denen die Unternehmerleistung typischerweise innerhalb von zwei Monaten nach Vertragsabschluss vollständig erbracht wird – beispielsweise bei kurzfristigen Beherbergungsverträgen. Wenngleich der Anwendungsbereich damit erheblich eingeschränkt wird, könnte der Fokus der Klauselprüfung künftig verstärkt auf diese Vertragstypen fallen.
Zur Autorin:
Johanna Hauer ist Anwältin bei Brandl Talos in Wien.
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