Trump vs. Putin: Es ist die richtige Zeit, zuzuschlagen

Farmers protest to demand government to limit Ukraine's grain imports, in Madrid
Was jetzt in wirtschaftlicher Hinsicht zu tun wäre, um den Ukraine-Krieg möglicherweise zu beenden. Ein Gastkommentar von Wladislaw Inosemzew.

Der August war in Russland oft unruhig: ein Putschversuch 1991, der Zahlungsausfall 1998, der Krieg mit Georgien 2008 – daher ist es üblich, mit dem Herannahen des letzten Sommermonats neue Probleme vorherzusagen, und in diesem Jahr sind die Gründe dafür besonders zahlreich.

Die russische Wirtschaft hat einen kritischen Punkt erreicht. Die Haushaltsimpulse, die zwischen 2022 und 2024 stimulierend wirkten, sind erschöpft. Nach der Vervierfachung der Militärausgaben im Vergleich zu 2021 kann Putin diese 2026 kaum noch erhöhen, da sie bereits alle Öl- und Gaseinnahmen übersteigen. Die Inflation liegt immer noch bei etwa 10 %, doch die Zentralbank hat aufgrund des dramatischen Rückgangs der Investitionstätigkeit begonnen, den Leitzins zu senken, da das BIP im ersten Quartal 2025 im Vergleich zum vierten 2024 um 0,4% gefallen ist. Der Staat beschleunigt die Verstaatlichung des Vermögens von Personen, die als illoyal gelten oder eine Doppelstaatsbürgerschaft bzw. ausländische Aufenthaltsgenehmigung besitzen. Der Gesamtwert übersteigt seit Kriegsbeginn 2,6 Billionen Rubel (28 Mrd. Euro). Die Öffentlichkeit ist zutiefst beunruhigt durch ukrainische Drohnenangriffe und frustriert durch Flughafensperren, Verkehrsstörungen und Ausfälle des mobilen Internets. Dies sollte aber nicht als sich anbahnende tiefe Wirtschaftskrise interpretiert werden, geschweige denn als politische. Die Russen haben auch zwischen 2021 und 2024 ohne Verbesserung ihres Lebensstandards überlebt.

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Wladislaw Inosemzew

In diesem Jahr wird die russische Wirtschaft höchstwahrscheinlich stagnieren, der Rubel wird gegenüber dem Dollar schwächer werden, was die vom Rubel-Ölpreis abhängigen Haushaltseinnahmen erhöhen wird. Es gibt keine Flucht vor russischen Vermögenswerten – selbst der Immobilienmarkt bleibt bemerkenswert stabil. Doch die zunehmende Unsicherheit schreckt den Markt ab – verursacht durch den langen Krieg und zunehmenden Druck der westlichen Mächte.

Trumps Ultimatum kam daher zum richtigen Zeitpunkt: Es könnte die russische Wirtschaft erschüttern, wenn seine Drohungen wahr werden – oder auch nicht, wenn die USA erneut entscheidende Maßnahmen aufschieben, wie Präsident Trump es gerne tut.

Vielversprechend

Die US-ameriksnische Idee, Importzölle auf alle Länder zu erheben, die russische Energieressourcen kaufen, scheint vielversprechend: Dieser Schritt würde russisches Öl und Gas um ein Vielfaches teurer machen als in anderen Ländern, während alle bisherigen Maßnahmen (wie die „Ölpreisobergrenze“) darauf abzielten, den Preis zu senken und so den massiven Schmuggel förderten.

Doch hier gibt es zwei große Probleme. Erstens sollen die Zölle 100 % des Wertpreises der Waren betragen, die z.B. aus China oder Indien in die USA importiert werden. Meiner Meinung nach sind solche Sätze untragbar, und diejenigen, die meinen, sie würden nicht eingeführt, könnten recht haben. Die Gesamthöhe der Zölle sollte sich an der tatsächlichen Summe orientieren, die das jeweilige Land an Moskau zahlt. So hat Indien 2024 49 Mrd. Dollar für russisches Öl bezahlt, und China hat russisches Öl, Gas und Kohle für bis zu 76 Mrd. Dollar gekauft – es würde ausreichen, wenn sie mit Zöllen in gleicher Höhe belegt würden. Zweitens sollten die amerikanischen und europäischen Ansätze vereinheitlicht werden: Europa muss seine Experimente mit Ölpreisobergrenzen und den Kampf gegen Russlands „Schattenflotte“ aufgeben (nach all den Sanktionen sind nur 21 Tanker stillgelegt, während noch bis zu 600 in Betrieb sind) und die gleichen Zölle auf Importe von Russlands Handelspartnern erheben. Dies würde den Zoll auf chinesische Importe in alle westlichen Länder formal auf unter 8 % senken – obwohl Peking für das russische Öl immer noch doppelt zu viel bezahlt. 

Sollte Trump diese Maßnahme vorschlagen, die neuen Zölle ab 15. September in Kraft setzen und sollten die Europäer sich anschließen, wäre Putin besser beraten, seine Reise nach Peking Anfang September abzusagen. Sollten die russischen Ölverkäufe bis Anfang 2026 um 50 Prozent zurückgehen, wäre eine Erhöhung der Militärausgaben illusorisch, da eine Rezession nahezu unvermeidlich ist.

Jetzt ist der richtige Zeitpunkt zum Zuschlagen. Doch wenn nichts geschieht, dürfte Putin mit Sicherheit alle Verbindungen zur realen Welt verlieren, da er glaubt, er sei allmächtig und seine Gegner hätten keinen Einfluss mehr auf ihn.

Zum Autor:

Wladislaw Inosemzew ist russischer Ökonom und Mitbegründer des Zentrums für Analysen und Strategien in Europa in Zypern (CASE).

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