Teuerung: Österreich macht es sich bequem – auf einem unbequemen Platz

Euroscheine und Gerätestecker auf einer Stromrechnung
Während andere Staaten ihre Teuerung bereits deutlich senken konnten, verharrt unser Land im oberen Drittel. Daran wird auch das Elektrizitätswirtschaftsgesetz wenig ändern. Ein Gastkommentar von Leonard Jüngling.

Österreich hat sich unter den EU-Ländern mit den höchsten Inflationsraten eingerichtet. Während andere Staaten ihre Teuerung bereits deutlich senken konnten, verharrt Österreich im oberen Drittel. Es hat nicht nur lange gedauert, die Preisexplosion der letzten Jahre zu bremsen. Zum Jahreswechsel zog sie noch einmal deutlich an. Haupttreiber sind damals wie heute die hohen Strompreise. Lange schaute die Regierung zu. Mit dem neuen Elektrizitätswirtschaftsgesetz (ElWG) soll nun eine kostengünstige Stromversorgung für Haushalte und Wirtschaft gesichert werden.

Teuerung: Österreich macht es sich bequem – auf einem unbequemen Platz

Leonhard Jüngling

Ein kleiner Fortschritt immerhin. Die nötige tiefgreifende Reform bringt es aber nicht. Eine stabile Stromversorgung, die zugleich die Energiewende vorantreibt, braucht leistungsfähige Netze. Doch deren Kosten, ein fixer Bestandteil des Strompreises, stiegen allein im vergangenen Jahr um über 30 %. Bezahlen müssen das fast ausschließlich die Privathaushalte und kleine Betriebe. Gerecht ist das nicht. Immerhin: Das ElWG sieht vor, Stromkonzerne stärker an diesen Kosten zu beteiligen.

Die meisten Energieunternehmen in Österreich sind gewinnorientierte Aktiengesellschaften. Ihr Ziel: ein dickes Plus in der Jahresbilanz. Im Windschatten der gestiegenen Strompreise haben die neun Landesenergieversorger, Verbund und OMV in den letzten drei Jahren zusätzliche Gewinne von insgesamt 10,25 Mrd. Euro eingefahren (verglichen mit ihren Jahresgewinnen vor der Energiekrise). Vom Staat abgeschöpft wurde davon bisher nur ein Bruchteil über den Energiekrisenbeitrag: magere 5,5 Prozent. Und auch im ElWG knickt die Regierung ein. Der geplante Sozialtarif für Menschen, die Sozialleistungen, Mindestpension oder Pflegegeld beziehen, soll nur bis zu 50 Mio. Euro von den Stromkonzernen finanziert werden. Alles darüber hinaus zahlt der Bund: Also wir Steuerzahlenden. Eine gerechte Lösung würde das Bundesbudget nicht belasten. Die Konzerne haben die Reserven, um den Sozialtarif komplett zu tragen und auf „energiearme“ Haushalte auszuweiten. Das würde jene mit geringem Einkommen schützen, die wegen schlechter Isolation oder ineffizienter Heizsysteme besonders viel verbrauchen.

Positiv ist der vorgesehene gemeinwirtschaftliche Auftrag für die Stromkonzerne. Wenn die meist öffentlichen Eigentümer ihn tatsächlich nutzen, um Preise zu senken. Ein wirksamer Hebel wäre, den Verbund in eine Genossenschaft umzuwandeln. Der Konzern produziert die Hälfte des heimischen Stroms und könnte, dank längst abgeschriebener Wasserkraftwerke, diesen günstig an seine Mitglieder abgeben: Also an Haushalte, Landesenergieversorger und Betriebe. Ziel wären dauerhaft niedrige Preise, nicht maximale Profite und Spitzengehälter fürs Management.

Der Entwurf bringt einzelne Verbesserungen, geht aber nicht weit genug. Stromkonzerne bleiben von echten Strukturreformen verschont, während Haushalte weiter die hohen Preise doppelt schultern müssen: Zuerst auf der Stromrechnung, dann beim Einkauf. Denn teure Energie treibt alle Preise nach oben.

Zum Autor:

Leonard Jüngling ist Ökonom am gewerkschaftsnahen Momentum Institut.

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